Einen auf den ersten Blick sehr erstaunlichen Beschluss hat das OVG Berlin-Brandenburg am 13.09.2016 getroffen: Das Gericht hat ein Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die Frage vorgelegt, ob ein Referendar einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat, wenn der Referendar bis zum Ende des Vorbereitungsdienstes nicht seinen gesamten Urlaub genommen hat und – das ist der überraschende Punkt – dafür selbst verantwortlich ist.
Was liegt der Entscheidung konkret zugrunde: Ein Referendar schied nach Ablegung seines zweiten Staatsexamens aus dem juristischen Vorbereitungsdienst aus. Den ihm zustehenden Erholungsurlaub hatte er zu diesem Zeitpunkt aus eigenem Entschluss (!) nicht vollständig genommen.
Das VG Berlin hatte die Klage auf finanzielle Abgeltung des Resturlaubs in erster Instanz abgewiesen. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG setze über seinen Wortlaut hinausgehend voraus, dass der Arbeitnehmer einen Antrag auf Gewährung des Urlaubs gestellt haben müsse und er aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht in der Lage gewesen ist, seinen Jahresurlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.
Das OVG Berlin-Brandenburg bezweifelt, ob sich die vom Verwaltungsgericht angenommenen Voraussetzungen mit Unionsrecht vereinbaren lassen. Da diese Fragen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bislang nicht hinreichend geklärt seien und sich auch nicht zweifelsfrei beantworten ließen, hat er das Berufungsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die Frage zu einer Vorabentscheidung vorgelegt.
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Wenn der EuGH zum Ergebnis kommt, dass das Urteil des VG Berlin rechtswidrig war und nicht im Einklang mit Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG steht, hat das Sprengkraft für das gesamte Arbeitsrecht. Denn es ist im deutschen Arbeitsrecht anerkannt, dass ein Abgeltungsanspruch nur dann in Betracht kommt, wenn Urlaub nicht genommen wurde und die Gründe für hierfür in der Sphäre des Arbeitgebers liegen. Der Arbeitnehmer muss also einen entsprechenden Urlaubsantrag gestellt haben und dieser muss aus betrieblichen Gründen abgelehnt worden sein.
Legt man diese Grundsätze an, hat das VG Berlin die Klage des ehemaligen Referendars sicherlich zu Recht abgewiesen. Auch das VG Trier hat im Jahre 2011 eine vergleichbare Klage eines Referendars im Ergebnis mit den selben Gründen abgewiesen. Hierüber hatten wir auch in den RefNews berichtet.
Wir sind gespannt, wie die Entscheidung des EuGH ausfällt!