RefNews

Das Blog zum Rechtsreferendariat

KOMMENTARE MIETEN STATT KAUFEN
  • RefNews - Der Blog von und für Rechtsreferendare


REFERENDARIATNEWS
REFNEWS
  Ausgabe 16/2024
Donnerstag, der 18.04.2024
     

 / Hessen / Zivilrechtsstation

Die ersten Akten und Sitzung im Büro des Richters

von

Die Einzelausbildung hat begonnen und schon stapeln sich Akten bei mir zu Hause und diverse aufgeschlagene Anleitungsbücher und Kommentare sind auf dem Schreibtisch und dem Fußboden ausgebreitet, sodass man in meinem Zimmer kaum noch treten kann… 😉

Im Laufe der ersten Woche nach Dienstantritt hatten wir bereits unsere Zuweisung zum Einzelausbilder erhalten. Wir wurden mit der Zuweisung aufgefordert, uns bei der betreffenden Person gegen Ende des Einführungslehrgangs zu melden. Der mir zugeteilte Richter ist Vorsitzender einer Zivilkammer am Landgericht Darmstadt, sodass ich einfach in der zweiten Woche des Einführungslehrgangs eine Kaffee- und Raucherpause dazu genutzt habe, mal an seiner Zimmertür zu klopfen und mich vorzustellen. Nach kurzem Smalltalk vereinbarten wir, dass ich am letzten Tag der Einführgungs-AG vorbei kommen sollte und wir dann den Verlauf der Einzelausbildung besprechen. Vom ersten Eindruck ein sehr sympathischer Mann, sodass ich mit gutem Gefühl zum ersten richtigen Treffen in sein Büro ging. Er stellte mir in Aussicht, dass er versuchen werde, den Ausbildungsplan einzuhalten, indem er mich an der Bearbeitung von aktuellen Akten beteiligt und ich nichts altes verstaubtes aus dem Archiv bekommen werde. Am Ende der Stationszeit soll ich dann sogar auch eine Beweisaufnahme selbst machen.

Gegen Ende des Gesprächs bekam ich dann meine erste Akte ausgehändigt, an welcher ich üben sollte, ein Gutachten zu schreiben… zugegebenermaßen verflogen die eingeräumten 4 Tage sehr schnell, denn zunächst musste ich mich mal einlesen, worauf es formal so ankommt, mich mit dem neuen Stil vertraut machen und dann natürlich auch noch die materiellrechtlichen Ansprüche prüfen. Die beiden Wochenendtage konnte ich kaum nutzen, weil ein runder Geburtstag in der Verwandtschaft anstand, sodass ich am letzten Tag noch eine kleine Nachtschicht einlegen musste – denn man will ja nicht direkt am Anfang einen schlechten Eindruck hinterlassen! Zum festgesetzten Termin besprachen wir meine Arbeit dann. Rundum richtig war es nicht, was ich gemacht hatte, aber ich bekam einige Verbesserungsvorschläge und es war ja auch der erste Versuch zum warm werden. Direkt am nächsten Tag wurde meine Akte dann auch schon verhandelt und ich war natürlich dabei.

Etwas erstaunt war ich darüber, dass „mein Richter“ seine Sitzung bei sich im Büro abgehalten hat. Zwar standen hinter seinem Schreibtisch noch zwei weitere Tische mit jweils zwei Stühlen, aber wirklich viel Platz war in dem Raum nicht und Zuschauer passten gar nicht rein. Den einzigen freien Stuhl im Raum musste ich mir zwischen den Aktenbergen an die Wand stellen. Es war überhaupt nicht so eine Sitzungsatmosphäre, wie ich mir das vorgestellt hatte. Der Richter hatte zwar seine Robe an, während er da hinter seinem Schreibtisch inmitten der notwendigen Büroutensilien auf seinem Schreibtischstuhl saß, aber es hatte eher etwas von normaler Bürosituation, denn irgendwann an dem Vormittag klingelte auch mal das Telefon. Ansonsten „blätterte“ er zwischendrin in seinem EDVbasierten Kalender am Monitor, um Termine festzusetzen und nutzte den virtuellen Taschenrechner in der einen Sache, bei der die Parteien einen Vergleich schließen wollten und mit Zahlen jonglierten. In der Hinsicht hatte es zwar sicher praktischen Nutzen, direkt am gewohnten Schreibtisch zu sitzen, aber so hatte ich mir den Sitzungsalltag nicht vorgestellt. Auf meine Nachfrage, ob es normal sei, im eigenen Büro zu verhandelt, hieß es, dass es zumindest nicht unüblich ist und viele die richtigen Sitzungssääle – die es natürlich auch gibt im LG Darmstadt ! ;)- nur für die Kammerverhandlungen nutzen, weil die Büros dafür dann doch wirklich zu klein seien. Die Verhandlungen an sich waren aber ganz spannend, ich konnte direkt einige Verkündungen, den Erlass eines VU, einen Vergleichsabschluss nach langer Diskussion und zwei streitig gebliebene Sachen, in denen ein Urteil ergehen wird, miterleben.

Jetzt habe ich für die kommende Woche wieder 2 Akten jeweils samt Anlagenband auf meinem Schreibtisch liegen, bei denen ich einmal einen Sachbericht und bei der anderen nochmal ein Gutachten verfassen soll.

Die Gerichtsbibliothek habe ich diese Woche auch schon mal genutzt und getestet. In der unteren Etage gibt es auch einen kleinen Arbeitsbereich für Referendare und spezielle Referendarsliteratur. Allerdings war es dort sehr voll, als ich reinschaute und ich musste auch feststellen, dass das Bibliothekszimmer um die Mittagszeit geschlossen wird und man nachmittags spätestens um 15.30 Uhr hinaus gebeten wird. Kurzentschlossen habe ich mir deshalb erstmal in der Unibibliothek ein paar Kommentare und Anleitungsbücher ausgeliehen und jetzt auf meinem heimischen Schreibtisch gestellt bzw. manche natürlich auch schon mal aufgeschlagen und reingelesen! 😉

Ansonsten ist vielleicht noch erwähnenswert, dass jeder Referendar aus meiner AG diese Woche eine persönliche Zugangskennung für juris erhalten hat. Damit können wir das Portal bis zum Ende der Strafstation von jedem beliebigen Arbeitsplatz aus nutzen.

Soviel vom Auftakt der Einzelausbildung… ich muss mich mal wieder mit meinen Akten befassen!

 

Der Artikel wurde am 26. November 2012 von veröffentlicht. Melli war Referendarin in Hessen.