Im Frühjahr 2014 schlug es wie eine Bombe unter Juristen ein, als die Presse davon berichtete, dass ein Mitarbeiter des Prüfungsamtes jahrelang Klausurlösungen verkauft hat (Refnews berichtete). Nicht nur diese Sache machte viele sprachlos (wer ihn kannte weiß was ich meine; man hätte es ihm wohl als letztes zugetraut), sondern auch die spektakuläre Verfolgung bis zur Ergreifung war schon fast filmreif. Er flüchtete ins Ausland. Interpol schaltete sich ein. Und letztlich wurde er kurz darauf in einem Hotelzimmer in Begleitung einer jungen Frau, mit mehreren Tausend Euro Bargeld und einer Pistole in Mailand gestellt. Soweit der Skandal – doch damit war es noch lange nicht getan. Denn wo diejenigen, die sich ihre Examensnoten unredlich verdient hatten, nun am Zittern waren, machte sich bei anderen Kandidaten nicht nur Fassungslosigkeit sondern vor allem eines breit: Wut. Nicht nur darüber, wie dreist manche sind sich die Noten zu erkaufen (und mit ihren tollen Klausurergebnissen tlw. in Foren auch noch geprahlt haben, wo später rauskam, dass sie sich die Lösungen erkauft hatten). Wut und Unverständnis kam auch darüber hoch, wie sich das LJPA so dermaßen fehlorganisieren konnte und ausgerechnet der Person, die den Ergänzungsdienst organisierte auch Zugriff auf die Klausuren gab. Lange Zeit passierte nichts, man war gespannt was aus Herrn L. werden würde und hoffte, dass diejenigen, die sich ihre Noten erkauft hatten, ihre gerechte Strafe (Aberkennung des Examens) bekommen würden. Einige hatten sich bereitwillig selbst gemeldet, andere wurden aufgrund von Herrn L.‘s kooperative Mitarbeit enttarnt. Ob dies wirklich alle ehemaligen Referendare waren oder noch irgendwo ein schwarzes Schaf mit seinem erkauften Examen Dienst schiebt weiß man nicht. Man kann einfach nur hoffen, dass alle Betrüger erwischt wurden.
Soweit so gut? Fast. Denn an eine Gruppe von Referendaren wurde zunächst überhaupt nicht gedacht und ich muss zugeben, mir selbst kam es als Betroffener zuerst auch gar nicht so in den Sinn. Durch die wohl teilweise. gut ausgefallenen Klausuren könnten ehrliche Kandidaten schlechter bewertet worden sein. Eine Kandidatin war so pfiffig und klagte daher auf Neuanfertigung ihrer, von dem Skandal betroffenen, Klausuren. Am 29.07.2015 hat das VG Lüneburg (Az.: 6 B 41/15) dann das niedersächsische LJPA im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Kandidatin vorläufig zu gestatten, ihre beiden betroffenen Klausuren erneut anzufertigen und vorläufig zu bewerten, da eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit und damit ein Verfahrensfehler nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des LJPA hat das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29.09.2015 (Az.: 2 ME 234/15) zurückgewiesen. Aus Sorge vor weiteren Klagen ehemaliger Referendare und aufgrund der doch recht klaren Tendenz des Nds OVG entschied sich das LJPA nun zu folgendem Schritt: alle betroffenen Kandidaten sollten die Möglichkeit bekommen, ihre betroffenen Klausuren und/oder mündliche Prüfungsleistung zu wiederholen.
Schreiben oder nicht schreiben, das ist hier die Frage
Wunderbar, denkt man sich jetzt? Nun ja, ich als Betroffener eher weniger. Zum einen war mir lange Zeit nichtmal klar, ob meine Klausuren von dem Skandal überhaupt betroffen sein könnten. Zwar waren einige Klausuren deutlich schlechter als meine recht konstanten damaligen Leistung im Referendariat, andererseits kann ich mit dem Durchgang auch einfach den Griff ins Klo gehabt haben. Die Klausuren lagen mir ehrlicherweise nämlich auch thematisch in meinem Durchgang nicht so sehr. Aus der Presse entnahm man, dass das LJPA fleißig dabei sei, die betroffenen Kandidaten anzuschreiben. Zuvor musste in monatelanger Arbeit aber zunächst einmal ausgewertet werden, in welchen Stapeln von Klausuren bei welchem Prüfer sich eine Klausur befand, für die der Prüfling die Lösung kannte. Bei der Vielzahl an Referendaren, Klausuren und aufgrund des mehrjährig betroffenen Zeitraum kein leichtes Unterfangen.
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Ich hatte zunächst mit der ganzen Sache abgeschlossen bzw. überhaupt nicht großartig weit in die Zukunft gedacht oder überhaupt daran gedacht, dass ich wirklich Betroffen sein könnte. Was würde es mir auch bringen nach einigen Jahren nochmal Examensklausuren zu schreiben? Wie sollten sie diesmal besser werden und würde das überhaupt was bringen? Wie will das LJPA das nun regeln? Darf ich dann auch die mündliche Prüfung wiederholen? Vielleicht – oder eher: es ist nicht unbedingt unwahrscheinlich – dass die mündliche Prüfung mit mehr Vorpunkten doch auch besser gelaufen wäre (subjektiver Eindruck des Prüflings auf die Prüfer). Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das ganze ablaufen soll. Dann plötzlich – ohne das ich damit gerechnet hätte – kam im Frühjahr 2016 ein Schreiben des LJPA, indem mir mitgeteilt wurde, dass ich mehrere der Klausuren wiederholen dürfte. Zudem war sogar in meiner mündlichen Prüfung ein Prüfling, der sich den Aktenvortrag erkauft hatte, weshalb es mir offenstand auch den Aktenvortrag zu wiederholen. Als ich das Schreiben in den Händen hielt und sah wie viele Klausuren betroffen sind und selbst in meiner mündlichen Prüfung Schmu passiert ist, war ich allerdings eins: fassungslos und unfassbar wütend. Mehr und mehr beschlich mich die Frage, ob ich damals nicht vielleicht schon eine bessere Note erzielt hätte, wenn einige Prüflinge nicht betrogen hätten und auch andere Berufswege dann für mich offen gewesen wären.
Das Schreiben des LJPA
Die Klausuren sollten im Januar 2017 angefertigt werden. „Wunderbar“, dachte ich. „Etwas über ein halbes Jahr für Klausuren, die du zuletzt vor Jahren geschrieben hast. Zudem stehst du mittlerweile im Berufsleben. Willst du dir das also wirklich antun? Nein, auf keinen Fall“ war mein erster Gedanke. Doch je mehr Tage vergangen und je öfter ich an diesem Schreiben auf dem Küchentisch vorbeiging, desto eher tendierte ich zu „vielleicht meldest du dich erstmal an, wieder zurücktreten kannst du ja dann immer noch. Du verschenkst dir damit ja erstmal nichts und hast so noch eine längere Überlegungsfrist.“
Als wichtigen Hinweis teilte das LJPA im Schreiben noch mit, dass man entscheiden konnte, ob man alle betroffenen Klausuren/mündl. Prüfungsleistungen wiederholen möchte oder nur einen Teil. Sofern man sich für eine Wiederholung entschied, hätte dies zur Folge, dass für die jeweilige Einzelleistung ausschließlich das bei der Neuanfertigung erzielte Ergebnis zählt, auch wenn es schlechter als das ursprüngliche Resultat sein sollte. Eine Verschlechterung der Gesamtnote wurde aber ausgeschlossen. D.h., angenommen man hatte damals eine Examensnote von 6,3 Punkten erzielt, wiederholt einige Klausuren und schreibt sie schlechter als damals, dann bleibt es trotzdem bei der damalig erzielten Gesamtnote auf dem Zeugnis von 6,3 Punkten. Nur wenn die Klausuren jetzt besser geschrieben werden erfolgt auch eine Verbesserung der Gesamtnote. Klingt also ganz nett, immerhin kann doch nichts passieren was negative Auswirkungen auf die Endnote hat. Aber wie bereits angedeutet, ganz so begeistert war ich dann doch nicht. Denn je länger ich mich mit weiteren betroffenen Kandidaten unterhielt, umso größer wurde eins: die Wut und die Erkenntnis, dass man damals – man weiß es natürlich nicht, aber es bleibt ein fader Beigeschmack – schlechter bewertet wurde als man vielleicht war und jetzt Jahre später nochmal Klausuren schreiben „darf“. Gut, was bleibt dem LJPA anderes übrig: das Angebot war schon fair, allerdings hat es sehr lange gedauert, bis der ganze Ablauf organisiert war und man Bescheid bekommen hat und bei allen Betroffenen waren mittlerweile einige Jahre seit ihren damaligen Klausuren vergangen. Neben Vollzeitjob und/oder Familie ist es somit nicht verwunderlich, dass man nicht voller Begeisterung schreit „hurra, ich darf nochmal Klausuren schreiben wenn ich will.“ Auch bei mir war es so, dass ich zunächst absolut keine Motivation oder ansatzweise Ehrgeiz aufbringen konnte. Die Klausuren und auch sämtliche Klausurerfahrung lag einfach zu weit zurück und nur der Gedanke daran, wieder ein Skript aufzuschlagen vermieste mir die Laune. Ich sah es auch nicht als wirklich realistischen an, die damaligen Klausuren (auch wenn ich diese tlw. ziemlich schlecht geschrieben habe) nun besser zu schreiben als vor einigen Jahren. Aber ich meldete mich erstmal an – als Klausurdurchgang war der Januar 2017 mitgeteilt worden – und schob das Ganze noch einige Monate vor mich her. Zum Lernen kam ich aufgrund meiner Vollzeitbeschäftigung nicht und so wirklich und präsent war der Gedanke, im Januar eventuell wieder Examensklausuren zu schreiben, auch lange Zeit nicht. Erst gegen Ende Herbst dachte ich mir „so, jetzt solltest du dich vielleicht mal langsam entscheiden.“ Aus dem Freundeskreis waren die Meinungen gemischt. Das ging von „ich wusste damals schon, dass du schlechter abgeschnitten hast als du eigentlich bist, schreib unbedingt die betroffenen Klausuren nochmal“ über „wie willst du dich nach der langen Zeit verbessern? Du bist doch völlig aus dem Ganzen raus. Ich würde es abhaken“ oder auch „sei zufrieden mit der damaligen Note, du hast deinen Job, ich würde mir den Stress nicht mehr geben.“ Ich war auch letztlich „zufrieden“ mit meinem damaligen Zeugnis – so zufrieden wie man halt sein kann, wenn man nun im Hinterkopf hat „es hätte vielleicht automatisch besser sein können, weil die Bewertung besser gewesen wäre, wenn diese Idioten nicht mitgeschrieben hätten.“ Und natürlich hatte ich meinen festen Job, aber wer weiß: vielleicht wollte ich ja mal wechseln, mich nochmal ganz umorientieren. Da der Examensnote auch nach Jahren noch eine hohe Gewichtung zukommt, kann es ja nicht schaden, sich mit der bestmöglichen Note zu bewerben. Und so entschied ich mich dafür es einfach zu wagen.
Dies war nun aber nicht der Startschuss für einen Lernmarathon. Bei weitem nicht. Denn nach wie vor war ich beruflich und familiär stark eingespannt und wusste neben der Frage, wann ich in Ruhe lernen sollte, auch gar nicht, womit ich denn beim Lernen anfangen sollte. Diese ganzen Formalien, Schemata, wie man Klausuren schreibt – das war alles schon viel zu weit weg, um es einfach nur „aufzufrischen“. Und mit den Gebieten im Examen habe ich in der Form seit meinem damaligen Examen auch nie wieder zu tun gehabt, da ich beruflich in einem Nischengebiet arbeite. Ich beschloss, relativ entspannt ins Examen zu gehen und „einfach mal zu gucken.“ Aber irgendwie kam mir das im selben Moment wieder idiotisch vor, denn dann könnte ich es mir doch auch direkt ganz sparen und müsste immerhin für den Januartermin auch keinen Urlaub einreichen. Dass es ohne lernen was werden würde, davon ging ich jedenfalls nicht aus. Aber mangelnde Motivation, vorbeieilende Zeit und die Frage, wie man sich nach der Zeit denn überhaupt am besten auf die Klausuren vorbereitet, führten dazu, dass plötzlich Ende Dezember war und ich, außer der Anmietung der Gesetze und Kommentare für die Januarklausuren, nichts gelernt habe. Ich habe zwar von einem Kumpel noch 2 alte Skripte bekommen – aber bereits beim Aufschlagen und Lesen der ersten beiden Seiten dachte ich nur „oh nee“ und schlug es wieder zuvor. Noch das Wochenende vor den Klausuren Anfang Januar überlegte ich, ob ich nicht einfach zur Arbeit gehen und direkt Montagmorgen Bescheid geben soll, dass ich zu den Klausuren nicht antrete. Mir war richtig schlecht. Was eigentlich schon wieder seltsam war, denn bisher hatte ich bei beiden Examina nie mit Aufregung zu kämpfen. Aber der Gedanke „macht das überhaupt Sinn? Da blamierst du dich doch jetzt völlig einfach hinzugehen und rumzuraten“ schlug mir irgendwie auf den Magen. Andererseits: was sollte mir (negatives) passieren? Der Urlaub war eingereicht und genehmigt, also beschloss ich, jetzt auch die Klausuren anzutreten (ich hatte mich allerdings gegen die mündliche Prüfung entschieden, da ich hier nicht die Möglichkeit einer großartigen Verbesserung sah, denn die lief insgesamt okay und da wollte ich mich nicht vor den Prüfern blamieren, mit mittlerweile nur noch rudimentären Kenntnissen in vielen Bereichen; zumal wollte/konnte ich mir auch nicht einfach noch mehr Urlaub nehmen, um dafür anständig zu lernen).
Die Klausuren im Januar 2017
Ich schrieb also – mit vielen weiteren ehemaligen Referendaren (darunter auch einige, bei denen es damals nicht zu den 28 Vorpunkten gereicht hat und die jetzt die Chance hatten, nach Jahren doch noch Volljurist zu werden) – im Januar einige Klausuren in Celle erneut. Meine Laune kurz vor der Klausur war ziemlich betrübt, aber als die Klausur anfing, fühlte ich mich wie bei einer Probeklausur in der Arbeitsgemeinschaft damals im Studium und es war verrückt; aber es hat mir sogar Spaß gemacht. Da ich kaum über Wissen (insbesondere was die Formalien angeht) mehr verfügte, war es für mich ein munteres (aus)probieren und auch mit der Zeit hatte ich keine Probleme (ich war immer 15-30 Minuten vor Abgabe fertig). Ich ging nach jeder Klausur zwar raus und dachte „vom Sachverhalt fand ich sie deutlich angenehmer als meine damaligen Klausuren und hätte man anständig gelernt wäre es vielleicht auch was geworden, aber so leider natürlich nicht.“ Die Klausurenzeit ging ziemlich schnell vorbei und ich wieder meinem gewohnten Job nach. Wirklich gespannt wartete ich nicht auf die Ergebnisse, da ich mit keiner Verbesserung rechnete. Es dauerte auch über ein halbes Jahr, bis dann endlich ein Schreiben mit der Notenbekanntgabe – zusammen mit dem neuen Zeugnis – bei mir eintrudelte. Ich habe die Klausuren wirklich besser geschrieben als damals. Zwar nicht deutlich besser, aber immerhin etwas. Ärgerlich, dass ich nicht doch mehr in die Lernerei investiert habe. Andererseits bedeutet mehr Lernen nicht automatisch eine bessere Note und ich hätte mich dann auch eher auf andere Gebiete gestürzt aus denen ich wirklich ganz raus bin (wie z.B. ImmobiliarsachenR oder ZwangsvollstreckungsR), sodass es mir für die Klausuren in dem Durchgang materiell-rechtlich auch nichts gebracht hätte (die Schemata/Formalien hätte ich von daher höchstens besser draufhaben können).
Neues Zeugnis: ja/nein?
Nachdem (insbesondere in Foren) viel diskutiert und auch viel behauptet wird, hier einmal zur Klarstellung: es ist absoluter Blödsinn, dass das LJPA einem sein Zeugnis wegnimmt oder man jetzt schlechter dasteht als damals. Es bleibt entweder beim damaligen Ergebnis oder es wird besser. Es zählt das neue Klausurergebnis und das führt automatisch zur neuen Endnote. Entscheidungsspielraum hat dann noch die damalige Prüfungskommission, ob sie zusätzlich von der Abweichungsklausel nach § 12 Abs. 5 NJAG Gebrauch machen will und damit darüber hinaus bis zu 1 Sozialpunkt oben drauf vergibt. Nachdem die Klausuren korrigiert waren wurden sie nämlich der damaligen Prüfungskommission zugeleitet, die darüber entscheiden konnte, ob sie bis zu einem Sozialpunkt vergibt. Was man vielerorts liest, dass die Kommission entscheiden kann, ob bessere Klausurergebnisse überhaupt anerkannt werden, ist falsch. Die neuen Klausurergebnisse zählen, ohne dass da die Kommission einen Einfluss drauf hat oder etwas drüber entscheiden kann. Die Kommission wird einzig nochmal gefragt, ob sie hier eine Anwendung für bis zu 1 Sozialpunkt als gegeben sehen. Jeder der nun also bessere Klausuren geschrieben hat bekommt automatisch das neue Zeugnis mit der besseren Gesamtnote. Sind die Klausuren schlechter ausgefallen, bleibt es beim alten Zeugnis, intern sind die schlechteren Einzelnoten jedoch in der Klausurauflistung vermerkt. Auch wenn die Verbesserung bei mir minimal ist, so bin ich froh, dass ich es einfach gewagt habe, denn jede Nachkommastelle kann evtl. hilfreich sein. Ich finde es zwar nach wie vor sonderbar, dass ich die Klausuren nach einer derart langen Zeit und ohne Aufwand besser geschrieben habe als damals, aber natürlich freue ich mich drüber. Es zeigt mir aber andererseits auch erneut, wie „unberechenbar“ das Examen ist. Denn ich kann für mich absolut nicht behaupten, dass mein Wissensstand besser sei als damals. Auch war ich nicht entspannter als damals, im Gegenteil: ich hatte jetzt sogar eher Panik mich wirklich total zu blamieren (und davor, dass sie mir dann erst recht das Examen wegnehmen, weil sie sich denken „was ist das denn für ein Vollhorst! Hat der überhaupt je Jura studiert? Der kann ja gar nichts.“). Ich fand die Klausurtypen im Januar zwar von den Sachverhalten angenehmer, dennoch habe ich einfach nur geguckt, dass ich neben der materiellen Prüfung einen in etwa runden Grundaufbau mit Anfang und Ende irgendwie hinkriege und mehr war dann auch für mich nicht drin. Ich habe daher sicherlich recht viel auch einfach übersehen und mich dementsprechend mit einigen Punkten gar nicht oder total falsch befasst, aber immerhin fiel mir dafür im Nachhinein auch nicht ein „ach, dies oder jenes hättest du noch ansprechen können.“
Fazit
Ich bin froh, dass ich die Klausuren einfach nochmal ohne viel Aufwand mitgeschrieben habe. Zwar hätte die Verbesserung deutlicher ausfallen können, in Anbetracht meines Aufwands ist es aber für mich eine tolle Leistung. Ich habe ein neues Zeugnis mit einer etwas besseren Note bekommen. Das Gefühl, dass ich damals schon diese (oder sogar eine noch bessere Note) hätte haben können, wenn diese ganze Sache nicht gewesen wäre, hat sich mittlerweile gelegt, denn man wird es einfach nicht wissen und muss auch irgendwann mal damit abschließen. Besonders freut es mich natürlich für diejenigen, die damals nicht die erforderlichen 28 Punkte aus den Klausuren geholt und ihr Examen damit nicht bekommen haben, jetzt aber durch die Wiederholung zur mündlichen Prüfung zugelassen sind und nach Jahren wohl noch Volljuristen werden.
War es also der beste Weg, den das LJPA so gegangen ist? Besser wäre es sicherlich gewesen, genauer drauf zu achten, welche Personen wo beteiligt sind und wer Zugriff auf die Lösungen hat, damit es erst gar nicht zu so einem Skandal hätte kommen können. Auch die lange Zeit, die seit dem Bekanntwerden des Skandals bis dann zur Mitteilung, ob man Klausuren wiederholen kann vergangen ist, war sicherlich nicht optimal. Denn alleine seit dem Bekanntwerden des Skandals bis zur Mitteilung, dass man Klausuren wiederholen kann, vergingen etwas über 2 Jahre (und der eigene Examensdurchgang lag deutlich vor Bekanntwerden des Skandals und der letztlich geschriebene Durchgang zur Wiederholung der Klausuren nun wie gesagt im Jahr 2017). Andererseits muss man auch festhalten, dass es nun einmal passiert ist, man es nicht rückgängig machen kann und menschliches Versagen halt passiert – und zwar vielerorts. Man sollte daher auch irgendwann mit der Sache abschließen und nach vorne blicken – egal, ob man nun Klausuren wiederholt hat oder nicht. Vielleicht wäre ich damals besser bewertet worden, vielleicht wäre meine mündliche Prüfung besser gelaufen – vielleicht aber auch nicht und meine Klausuren waren einfach nur schlecht und wären auch ohne eine tolle Klausur im Stapel so bewertet worden. Von daher: Hätte, hätte, Fahrradkette. 😉 Dass das LJPA allen Betroffenen die Chance gegeben hat die betroffenen Klausuren zu wiederholen war meines Erachtens der einzig richtige und auch fairste Weg. Ich wüsste jedenfalls nicht, wie man es besser hätte regeln können. Es ist gut, dass die ganzen Auswirkungen nun auch endlich – über 3 Jahre nach Bekanntwerden des Skandals – sein Ende finden und nur noch ein paar mündliche Prüfungen einiger Betroffener stattfinden.
Für mich persönlich hat sich übrigens, trotz neuem Zeugnis, nichts geändert. Ich bleibe weiterhin in meinem juristischen Beruf und das Leben geht wie zuvor weiter. Sollte ich mich einmal beruflich umorientieren habe ich nun eine etwas bessere Note an der Hand, was sicherlich nicht schaden kann. Ob es dazu aber überhaupt kommt, kann ich nicht sagen, da ich mich in meinem Job sehr wohl fühle. Die Freude über das neue Zeugnis hielt dann auch – insbesondere verglichen mit der langen Zeit der Anspannung, Wut und Enttäuschung über diese ganze Sache – nur recht kurz an. Es ist eigentlich unfassbar und fast schon der Wahnsinn, was für Emotionen so ein simples Stück Papier bzw. so eine Examensnote hervorrufen kann – und vor allem, wie sehr die Juristen davon abhängig sind. Das wird sich wohl auch leider so schnell nicht ändern, dennoch kann zumindest ich jetzt unter diesen Skandal und seine Auswirkungen auch (gedanklich) endlich einen Schlussstrich ziehen und man kann für alle Beteiligten nur hoffen, dass sich so etwas nicht noch einmal ereignet.