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  Ausgabe 16/2024
Donnerstag, der 18.04.2024
     

 / Allgemein / Hessen

Wichtiges zu Stationszeugnissen

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Wofür gibt es Zeugnisse?

In Hessen bekommt grundsätzlich jeder Referendar zum jeweiligen Stationsende zwei Zeugnisse ausgefertigt – eines vom AG-Leiter und eines vom Einzelausbilder. Der durchschnittliche Referendar sammelt so also bis zum Ende des juristischen Vorbereitungsdienstes 10 Zeugnisse. Überall, wo das Wort „grundsätzlich“ steht, gibt es aber natürlich auch Ausnahmen.

Wer zum Beispiel eine Station im Ausland oder einem anderen Bundesland macht, kann von der begleitenden Arbeitsgemeinschaft befreit werden und erhält logischerweise dann auch kein Zeugnis dafür. Ebenso wird für ein Speyer-Semester nur von der DHV ein Zeugnis ausgestellt, ein Einzelausbilderzeugnis entfällt in diesem Fall.

Andersherum ist es auch möglich, Stationen zu splitten. Zum Beispiel, kann die Verwaltungsstation zuerst zwei Monate in einer Behörde und anschließend am VG abgeleistet werden. Ebenso ist die Anwaltstation teilbar, um z.B. drei Monate in einem Verband oder Unternehmen oder bei einem Notar zu verbringen. In solchen Fällen erhöht sich die Anzahl der Zeugnisse, weil jeder Einzelausbilder ein Zeugnis ausstellt.

Wie müssen die Zeugnisse aussehen?

Auf der Homepage des JPA Hessen gibt es entsprechende Zeugnisformulare für die verschiedenen Stationen, die von den Einzelausbildern ausgefüllt werden können. Es handelt sich um Lückentexte, die Hinweise darauf geben, was beurteilt werden soll: Mitarbeit, mündliche und schriftliche Leistungen, Rechtskenntnisse, Praktische Fähigkeiten, Erfassen der Auswirkungen der juristischen Berufsausübung. Die meisten AG-Leiter und Einzelausbilder nutzen dieses vorformatierte Dokument und ergänzen zwischen den jeweiligen Unterschriften einen Absatz zur Beurteilung des entsprechenden Referendars. Das sieht bisweilen aber wirklich merkwürdig aus, wenn manche Punkte gar nicht kommentiert werden mit so wenig Text, dass die Beschreibung des jeweiligen Bewertungspunktes länger ist, als die tatsächlich getroffene Aussage des Ausbilders. Diese Dokumente dienen ganz ausdrücklich nur als inhaltliche Vorlage zur Ausgestaltung und müssen keineswegs 1:1 übernommen werden.

Insbesondere die Einzelausbilder dürfen zum Beispiel gerne auch eigene Zeugnisse in Form eines „normalen“ Arbeitszeugnisses (also im Fließtext) auf ihrem jeweiligen eigenen Briefkopf ausstellen.

Seit ich von meiner Einzelausbilderin in der Verwaltungsstation ein wirklich tolles, sowohl inhaltlich, als auch optisch ausgestaltetes Zeugnis mit Fließtext und Briefpapier der Arbeitsstelle ausgehändigt bekam, hatte ich bei meinen weiteren Einzelausbildern auch immer ausdrücklich gefragt, ob sie mir ein „richtiges Zeugnis“ ausstellen könnten. Also nur mal so als Tipp, falls es euch auch nervt, dass diese Vordrucke des JPA immer nur so halbherzig mit wenigen eingeschobenen Sätzen gespickt werden und so eher als beantworteter Fragebogen, denn als Zeugnis daher kommen.

Wann müssen Zeugnisse ausgestellt werden?

Stationszeugnisse müssen innerhalb einer gesetzlichen Frist von einem Monat ausgestellt werden (§ 18 Abs. 2 S. 1 JAO Hessen). Grundsätzlich besteht auch ein Anspruch des Referendars auf eine Notenbesprechung und eine Besprechung des Inhalts der angefertigten Arbeiten während der Ausbildung (§ 18 Abs. 2 S. 4 JAO).

Das Thema Zeugnis ist ein sehr nervenaufreibendes, abgesehen davon, dass die Aussagekraft der Stationszeugnisse völlig unklar ist, hat es mich ziemlich geärgert, dass unser AG-Leiter der Verwaltungsstation über ein Jahr gebraucht hat, um uns unsere Zeugnisse auszustellen. Jetzt sollte man meinen, wenn es so lange dauert, dann ist es wenigstens gründlich gemacht worden. Aber weit gefehlt – der bereits angesprochene Zeugnisvordruck des JPA ist nach einer stolzen Bearbeitungszeit von 13 Monaten lediglich mit Wortgruppen gespickt worden. Okay, sehen wir es positiv, da können einem wenigstens weniger Fehler unterlaufen, als in aussagekräftigen ausformulierten Sätzen. Aber leider nein: Kleines Beispiel gefällig? [Aus dem Vordruck des JPA]

2. Leistungen

a)mündliche Leistungen

befriedigende Rechtskenntnisse (x Punkte)

Präsentation des Sachvortrags (x Punkte)

b) schriftliche Leistungen

Klausur: xx Punkte

Da hat sich jemand wahnsinnige Mühe gemacht – und wohl leider entweder die Notenlisten völlig chaotisch geführt oder aber verloren und gewürfelt, was dazu führte, dass mindestens die Hälfte der AG Teilnehmer falsche Notenangaben in den Zeugnissen vorfanden. Immerhin wurden die Hinweise der Referendare auf falsche Klausurnoten anstandslos entgegen genommen und in einem neuen Zeugnis festgehalten. Glück für diejenigen, die ihre Klausuren zu Hause liegen hatten und das überprüfen konnten. Ärgerlich dagegen für alle die, die am zweiten Klausurtermin teilgenommen hatten und ihre Klausur nie zurückbekamen und damit ihre Klausurnote gar nicht kennen… auch hinsichtlich der Noten für die Aktenvorträge kann eine Beschwerde bei falscher Benotung geraten werden, auch hier wurde bei manchem anstandslos nachgebessert… Insgesamt aber ein absolut trauriges Bild für die Verwaltung!! Und es bleibt die Frage, was einem ein solches Zeugnis bringen soll…. da lobe ich mir Bundesländer wie BaWü, die gänzlich auf AG-Zeugnisse verzichten, da wird sowohl den AG-Leitern als auch den Referendaren Aufwand, Frust und Ärger erspart!!

Hilfe – mit dem Zeugnis kann ich gar nicht leben!

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof behandelt Stationszeugnisse als Verwaltungsakte. Mit einem Widerspruch (über die Referendargeschäftsstelle des Landgerichts oder direkt beim Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa) und Anfechtungsklage kann damit der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden. Da den hessischen Stationszeugnissen regelmäßig eine Rechtsbehelfsbelehrung fehlt, beträgt die Widerspruchsfrist ein Jahr ab Zugang des Zeugnisses (§§ 70, 58 VwGO).

Ungerechtfertigte Beurteilungen sollte man nicht hinnehmen, insbesondere dann nicht, wenn man sich den Weg in die Justiz nicht verbauen möchte, denn da wird die Personalakte definitiv eingesehen. Vielversprechende Anfechtungsgründe sind insbesondere das Überschreiten der gesetzlichen Frist von 1 Monat für die Ausstellung des Stationszeugnisses, sowie ein Verstoß gegen die Pflicht zur Aufgaben- und Notenbesprechung während der Station. Diese beiden Regelungen stellen absolute Anfechtungsgründe dar. Insbesondere bei Überschreitung der Ausstellungsfrist wird das Zeugnis ohne inhaltliche Argumentation aus der Personalakte beseitigt. Allerdings führt eine Anfechtung nur zur Aufhebung des Zeugnisses, nicht zur Ausstellung eines neuen, geänderten Zeugnisses, sodass im Ergebnis dann das vorgesehene Zeugnis für den Stationsabschnitt in der Personalakte fehlt und bei Bewerbungen nicht eingereicht werden kann. Dies kann möglicherweise Rückschlüsse auf den Inhalt nahelegen. Andererseits sei hier nochmal darauf verwiesen, wofür überhaupt Zeugnisse ausgestellt werden. Sofern es um AG-Zeugnisse geht, kann eine Aufhebung sinnvoll und unschädlich sein, wenn die Einzelausbildung z.B. in einem anderen Bundesland erfolgte (was aufgrund der an Hessen grenzenden Bundesländer gar nicht selten der Fall ist) und es sowieso nicht der Wunschtraum ist, in der hessischen Justiz einzusteigen. Wenn überwiegend Bewerbungen in anderen Bundesländern infrage kommen, sollte geprüft werden, ob dort überhaupt AG-Zeugnisse ausgestellt werden oder ob wegen der dort gängigen Praxis solche Zeugnisse gar nicht als Beilage zu Bewerbungen erwartet werden.

Wer keine Entfernung des Zeugnisses aus der Personalakte will, aber sich dennoch ungerecht beurteilt fühlt, der sollte nach Erheben des Widerspruchs vor dem Einigungsausschuss einen Stellungnahme abgeben, die dann als Gegendarstellung zum Zeugnis der Personalakte hinzugefügt werden kann. Nähere Infos sind in der Start-Info zu finden, die jeder hessische Referendarsneuling mit Einstellung durch die dienstälteren Referendare erhält oder jedenfalls erhalten kann. Falls es nicht automatisch passiert – einfach mal nach der StartInfo fragen – da gibt es diverse nützliche Tipps für alle Fälle! 🙂

Grundsätzliche Aussagekraft der Zeugnisse

Zu diesem Thema möchte ich nicht mehr all zu viele Worte verlieren – denn es streiten sich die Geister und es hängt wohl sehr von der Willkür der jeweiligen zur Leistungsbewertung verpflichteten Personen ab.

Bei uns sind die AG-Zeugnisse im Schnitt deutlich schlechter ausgefallen, als die Zeugnisse der Einzelausbildung. Es gab AG-Leiter die keinen Einblick in ein Notensystem ermöglichten und die komplette Messlatte ausnutzten. Dann solche die eine Notenskala von 8-11 Punkten eingrenzten. Wieder andere, die ihre Noten in der ersten AG-Stunde festlegten: „Wer immer anwesend ist, aber nie etwas sagt, bekommt 8, wer sich ab und an beteiligt 9, wer immer mitmacht 10, wer selbst eine Stunde leitet 11 Punkte für die Mitarbeit“…

Ich finde, mehr als die tatsächliche Endnote, sagen die ausführlicheren Beschreibungen der Tätigkeiten und des Verhaltens aus – sofern sich die Ausbilder die Mühe machen. Grundsätzlich zählen nach meiner Erfahrung jedenfalls die Zeugnisse der Einzelausbildung deutlich mehr und diese sind zumindest etwas beeinflussbar, indem ein persönliches Abschlussgespräch eingefordert wird und nicht zuletzt durch eine individuelle Ausgestaltung als Arbeitszeugnis, das mehr auf die persönlichen Kompetenzen eingeht und sich nicht in der bloßen Note erschöpft.

Der Artikel wurde am 12. Dezember 2014 von veröffentlicht. Melli war Referendarin in Hessen.