RefNews

Das Blog zum Rechtsreferendariat

KOMMENTARE MIETEN STATT KAUFEN
  • RefNews - Der Blog von und für Rechtsreferendare


REFERENDARIATNEWS
REFNEWS
  Ausgabe 17/2024
Samstag, der 27.04.2024
     

 / Hessen / Wahlstation

Arbeitsalltag in der Wahlstation

von

Rechtsgrundlage der Beratung durch Verbände

Zwar ist es richtig, dass Rechtsberatung grundsätzlich ausgebildeten Juristen vorbehalten ist, allerdings dürfen auch Berufs- und Wirtschaftsverbände bei entsprechender personeller, sachlicher und finanzieller Ausstattung und Eignung ihre Mitglieder und angeschlossenen Organisationen in rechtlichen Angelegenheiten beraten. Das ergibt sich aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).

Nach § 7 RDG in Verbindung mit der Satzung des Verbandes muss eine Mitgliederberatung im Zusammenhang mit den eigentlichen satzungsmäßigen Aufgaben der Vereinigung stehen und darf diese nicht überlagern. Eine umfassende allgemeine Rechtsberatung der Mitglieder ist deshalb unzulässig. Die angebotenen Rechtsdienstleistungen müssen also eine dem Satzungszweck dienende Funktion haben und dürfen daher nur Mittel sein, um den Gesamtzweck der Vereinigung zu erreichen. Abhängig vom Satzungszweck und dem Charakter der Vereinigung kann die Erlaubnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, aber durchaus in verschiedene Rechtsbereiche hineinreichen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch folgendes BGH Urteil mit weiteren Ausführungen und Nachweisen.

Rahmenbedingungen der Arbeit im Verband, dem ich zugewiesen wurde

Der Verband, bei dem ich meine Wahlstation ableiste, hat in seiner Satzung definiert, dass er kompetenter Ansprechpartner zur Interessenvertretung seiner Mitglieder in allen Fragen des Arbeits- und Sozialrechts, sowie in sozial- und bildungspolitischen Fragen ist.

Die an meinem Standort arbeitenden Personen sind aber allesamt Volljuristen, die auch als Rechtsanwälte zugelassen sind. Daneben gibt es noch einen Diplom-Ingenieur für branchenspezifische Fachfragen.

Arbeitszeiten

Insgesamt ist es mit regelmäßig elf Beschäftigten ein kleiner Standort mit ganz netter Atmosphäre. Jeder hat sein eigenes Büro, die Türen sind aber meistens offen, sodass auch ein Austausch möglich ist. Die Arbeitszeiten sind zunächst eher weniger juristenfreundlich – mich zumindest hat es sehr erstaunt, dass der Arbeitstag morgens zur fixen Zeit um 8 Uhr beginnt und bis 17 Uhr geht. Sowohl aus dem Studium, als auch den bisherigen Stationen war ich einen Arbeitsbeginn frühestens um 9 Uhr (wenn nicht noch später) gewohnt. Diese Arbeitszeit erklärt sich aber durch die Branche der Mitgliedsunternehmen. Da deren Arbeitszeiten häufig noch früher beginnen, muss spätestens ab 8 Uhr auch das Verbandstelefon besetzt sein, am Abend dagegen ist kaum noch mit Anfragen zu rechnen, sodass es insbesondere jetzt zur herbstlichen Zeit sehr nett und angenehm ist, noch im hellen den Arbeitstag zu beenden. Freitags endet der Tag üblicherweise sogar schon um 16 Uhr. Allerdings sind dies zwar grundsätzlich fixe Zeiten (gleitende Arbeitszeiten gibt es nicht), allerdings muss das auf den zweiten Blick schnell revidiert werden, weil viele Termine und Angebote für die Mitglieder nachmittags bei den Unternehmen vor Ort stattfinden, sodass es unter Berücksichtigung der Fahrtwegen häufig auch später wird. Immerhin hat jeder der Anwälte und auch der Dipl. Ing. einen Dienstwagen. Die Mittagspause wird allerdings meistens im Auto verbracht – essen ist ausdrücklich während der Fahrt erlaubt, auch wenn die Wagen dann relativ häufig eine Innenreinigung benötigen. Dadurch, dass der Bezirk aber recht groß ist und es viele weite Wege gibt, ist an Tagen mit Auswärtsterminen für eine echte Mittagspause keine Zeit….

Um ehrlich zu sein, muss ich aber nicht täglich und umfassend von Dienstbeginn bis Dienstschluss vor Ort sein. Aufgrund der aktuellen Personalstruktur ist nämlich keines der Büros frei, sodass ich nur einen Computer-Arbeitsplatz nutzen kann, wenn einer der Kollegen z.B. Auswärtstermine hat. Ansonsten gibt es nur einen freien Tisch in der Bibliothek, sodass ich häufiger auch Aufgaben von zu Hause bearbeite und im Wesentlichen nur zu besonderen Terminen (Arbeitskreise, Gerichtstermine, Seminare, sonstige Veranstaltungen und eben zur Vor- und Nachbesprechung zu erledigender (Schreibtisch-)Aufgaben vor Ort bin. Ein richtiger Trott kann sich aber nicht einstellen, weil aufgrund der diversen Termine jede Woche anders aussieht und damit die Wochentage, an denen ich dort bin, jede Woche anders liegen…

Bezahlung?

Eine zusätzliche Bezahlung zur Unterhaltsbeihilfe des Landes gibt es nicht. Die Arbeit ist spannend, ermöglicht einen Blick über den Tellerrand hinaus und zeigt nicht klassisch juristische Tätigkeitsfelder – das muss als Honorierung des Arbeitseinsatzes genügen! 😉 Mir war das vorher bewusst und es stört mich nicht, ich hatte mich aber deshalb bereits im Bewerbungsgespräch dahin gehend geäußert, dass ich nur 2-3 Tage die Woche, je nachdem, was an Terminen ansteht, vor Ort sein würde und nicht jeden Tag die Strecke fahren möchte, zumal der Einsatzort nicht direkt vor meiner Haustür liegt. Allerdings habe ich jetzt im Gespräch mit Kollegen gehört, dass das Äquivalent meines Verbandes im benachbarten Bundesland für Stationsreferendare immerhin Fahrtkosten pauschal erstattet und kostenloses Mittagessen spendiert. So gesehen habe ich wohl etwas schlecht verhandelt… 😉

Ansonsten habe ich neben den 2-3 Tagen Verbandstätigkeit logischerweise noch an einem Tag Arbeitsrechts-AG und gehe außerdem weiterhin einen Tag die Woche in der Kanzlei meiner Anwaltsstation arbeiten. Zum Glück sind sie in meinem Fachbereich der Kanzlei so flexibel, dass ich jede Woche frei entscheiden kann, an welchem Tag ich zum Arbeiten kommen möchte, damit es nicht mit den Terminen für die Verbandsarbeit kollidiert… Damit ist die Woche immer ziemlich gut ausgefüllt, aber die unterschiedlichen Perspektiven des Arbeitsrechts, die ich dadurch im direkten Kontrast erlebe, ergänzen sich prima und zeigen mir immer mehr, dass ich mir juristische Tätigkeit in diesem Fachgebiet auch für mein späteres „echtes“ Berufsleben vorstellen kann!

Der Artikel wurde am 20. Oktober 2014 von veröffentlicht. Melli war Referendarin in Hessen.