Per Email erhielten wir die Anfrage einer Referendarin, deren fränzösischer Freund nun zum deutschen Referendariat zugelassen werden wollte. Zu der Frage, ob und wie das möglich ist, antworteten wir ihr, dass sich ihr Freund anerkennen lassen muss, dass sein französischer Abschluss dem ersten Staatsexamen gleichwertig ist. Anschließend kann er sich dann wie jeder andere auch um einen Referendariatsplatz bewerben.
Passend zu dieser Email-Anfrage hatte der EuGH darüber zu entscheiden, ob eine Zulassung zum Rechtsreferendariat – im Falle eines negativen Ergebnisses der Gleichwertigkeitsprüfung – auch ohne Ablegen einer dann erforderlichen Eignungsprüfung möglich ist.
Sachverhalt der Entscheidung
Ein polnischer Staatsangehöriger hatte an der Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Poznán (Polen) den Magistertitel sowie im Rahmen einer deutsch-polnischen Juristenausbildung an der Universität Frankfurt/Oder (Deutschland) die akademischen Titel „Master of German and Polish Law“ und „Bachelor of German and Polish Law“ erworben. Das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern lehnte eine Gleichwertigkeit des Abschlusses mit dem ersten deutschen Staatsexamen ab. In diesem Falle steht es dem Kandidat grundsätzlich zu, das Ablegen einer Eignungsprüfung zu beantragen.
Der polnische Jurist versuchte jedoch gerichtlich zu erstreiten, ohne eine solche Eignungsprüfung zum Vorbereitungsdienst zugelassen zu werden. Das zuständige Verwaltungsgericht Schwerin hat daraufhin den EuGH ersucht, die Kriterien zu präzisieren, die das Gemeinschaftsrecht hinsichtlich der Bewertung der Gleichwertigkeit juristischer Kenntnisse aufstellt, die auf einen Antrag hin, unmittelbar zu einem Vorbereitungsdienst für die juristischen Berufe zugelassen zu werden, ohne die hierfür vorgesehenen Prüfungen abzulegen, erfolgen muss.
Die Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof stellte klar, dass die Bestimmungen der für die Niederlassungsfreiheit von Rechtsanwälten relevanten Richtlinien auf eine Person in der Situation des Polen nicht anwendbar sind. Solange es an einer Harmonisierung der Bedingungen für den Zugang zu Vorbereitungsdiensten für die juristischen Berufe fehlt, könnten die Mitgliedstaaten festlegen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten notwendig sind.
Im Ergebnis ist es somit zulässig, den Zugang zum Vorbereitungsdienst für die juristischen Berufe eines Mitgliedstaats an umfangreiche und vertiefte Kenntnisse des innerstaatlichen Rechts zu knüpfen. Das Gemeinschaftsrecht verlange zwar, dass die Qualifikationen und die Erfahrung eines Bewerbers, der sein juristisches Diplom in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat, in vollem Umfang berücksichtigt werden, es gebiete jedoch nicht, das Niveau der verlangten Kenntnisse des innerstaatlichen Rechts für einen solchen Bewerber zu senken.
Ergebnis
Dem polnischen Juristen bleibt somit nichts anderes übrig, als einen Antrag auf Ablegen der Eignungsprüfung zu stellen. Nach Bestehen dieser Prüfung kann er sich dann für das Referendariat bewerben. Informationen zur Gleichwertigkeitsprüfung für EU-Bewerber finden sich zum Beispiel auf den Seiten des Justizministeriums Mecklenburg-Vorpommern. [RefN]