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  Ausgabe 20/2024
Dienstag, der 14.05.2024
     

 / Strafrechtsstation

So war die erste Verhandlung als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft

von

Wie im letzten Beitrag versprochen, hier nun mein exklusiver Bericht für Euch von meiner ersten Verhandlung als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft.

Der Sitzungsdienst beginnt im weitesten Sinne eigentlich schon ab dem Moment, in dem man die Akten für die Sitzungsvertretung abholt und sich am besten gleich noch eine Robe mitnimmt.

Dann gilt es, sich mit der Akte vertraut zu machen, zu prüfen, ob diese vollständig ist (also ob die Anklage oder der Strafbefehl enthalten ist und die Zentralregisterauszüge) und natürlich in der Hauptsache, um welche materiell-rechtlichen Straftatbestände es geht. Im Rahmen dieses Aktenstudiums habe ich mit auf einen Notizzettel Fragen aufgeschrieben, die mir beim Lesen gekommen sind, also beispielsweise, wie der Tatablauf genau war, wo sich welcher Beschuldigte wann genau befunden hat, etc. Diese „Fragensammlung“ kann man später in der Verhandlung gut als Fragenkatalog im Rahmen der Vernehmung des (nunmehrigen) Angeklagten und der Zeugen verwenden.

Aber noch einmal einen Schritt zurück zum Aktenstudium: es ist (gerade am Anfang) wirklich wichtig, die Akte komplett zu lesen, denn häufig befinden sich relevante Details verstreut in unterschiedlichen Vernehmungsprotokollen, Einlassungen, Notizen der Polizei usw.. Als ich mit dem Durcharbeiten der Akte fertig war, habe ich mir den Fragekatalog vorne reingelegt. Dazu habe ich mir ein Schema für das Plädoyer (aus der Vorlage im Büchlein von Theiβ) erstellt. Von dieser Vorlage habe ich mir ausreichend Kopien gemacht und dann auch jeweils eine in die Sitzungsakte des betreffenden Falls bereitgelegt.

Ganz wichtig ist es auch, am Tag vor den Verhandlungen kurz beim betreffenden Amtsgericht anzurufen und nachzufragen, ob denn alle Sitzungen auch tatsächlich stattfinden oder sogar noch neue hinzukommen. So vermeidet man böse Überraschungen. Ich hatte Glück, die erste Sitzung ist ausgefallen, so dass ich erst eine Stunde später als ursprünglich gedacht kommen musste. Mit vorbereiteten Akten, Fragenkatalogen und Plädoyerschemata, Robe und weiβer Krawatte (kleiner Tipp, damit diese schön (blüten)weiβ und sauber bleibt: erst vor der Sitzung anlegen und immer im Plastikbeutel transportieren, damit Kulis, Akten, etc. keine farbliche Fremdeinwirkungen entfalten…) sowie weiβem Hemd habe ich mich dann mit dem Zug (ja, Referendare werden gerne ich etwas entlegenere Amtsgerichte im jeweiligen OLG Bezirk geschickt J ) auf den Weg gemacht (Tickets aufheben für die Fahrtkostenabrechnung!).

Da so ein Sitzungstag ganz schön lang dauern kann, wenn man mehrere Sitzungen hat, empfiehlt es sich, eine Kleinigkeit zum Essen und vor allem zum Trinken (denn man redet ja einiges) mitzunehmen. Beim Gericht angekommen, stellt ich mich dem Richter kurz vor und sagte ihm auch, dass dies meine erste Verhandlung sei. Sodann legte ich im Bad die Krawatte und Robe an und begab mich in Richtung des Gerichtssaals. Lustig war es, wie ehrfürchtig einen die in den Gängen wartenden Leute grüβten.

Üblich ist es, dass der Richter und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft den Gerichtssaal getrennt betreten. Bei meiner Verhandlung war ich als erster überhaupt im Gerichtssaal und habe dann einfach schonmal meine Akten bereit gelegt. Im Gerichtssaal ist eine U-förmige Anordnung der Tische üblich. Vorne sitzt der Richter und neben diesem die Protokollkraft. Vom Richter aus gesehen saβ ich links und der Angeklagte rechts.

Nachdem die Sache aufgerufen wird, erhebt man sich üblicherweise, wenn der Richter verliest, in welcher Sache verhandelt wird. Der Richter befragt dann im Folgenden den Angeklagten nach dessen Personalien, belehrt ihn und schickt ggf. anwesende Zeugen zum Warten nach drauβen. Sodann übergibt der Richter das Wort an den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft. Dann heiβt es einmal kurz durchatmen, aufstehen und die Anklageschrift verlesen. Ich habe versucht, dabei immer wieder den Blickkontakt mit dem Angeklagten zu suchen, nicht zu schnell zu lesen, damit alles verständlich bleibt und alles in sachlich, ruhigem Ton vorzubringen. Nachdem ich die Anklage verlesen hatte, setzt ich mich und war positiv überrascht, wie gut das funktioniert hat. Mein Tipp falls man sich ganz unsicher bei solchen Sachen ist: am Tag davor einfach mal für sich selbst die Anklage laut vorlesen, dann gewöhnt man sich daran und verhaspelt sich dann im Ernstfall nicht.

Im Zuge der Beweiserhebung ist es so, dass zuerst der Richter seine Fragen an den Angeklagten stellt und später dann auch an die Zeugen. Danach fragt er üblicherweise, ob seitens der Staatsanwaltschaft weitere Fragen bestehen. Von diesem Fragerecht habe ich durchaus Gebrauch gemacht und es ließen sich noch einige Details zum Sachverhaltshergang klären. Während der Zeugenaussagen habe ich mir einige Notizen mitgeschrieben und diese direkt in mein mitgebrachtes Schema für das spätere Plädoyer (siehe oben) eingearbeitet. Dabei habe ich mir vor allem Stichworte notiert, weshalb ich eine Zeugenaussage für glaubhaft halte oder eher nicht.

Nachdem die Beweisaufnahme abgeschlossen war, unterbrach der Richter für eine kurze Pause. Das war sehr nett von ihm, denn er wollte mir damit die Möglichkeit geben, das Plädoyer rasch zu verfassen. Es besteht aber auch so jederzeit die Möglichkeit eine kurze Pause zu beantragen. In der Pause ging ich dann nochmals mein Schema rasch durch und markierte mir die wichtigsten Schlagwörter mit einem Textmarker.

Die Pause war dann auch ganz schnell wieder vorbei und der Richter übergab mir das Wort für mein erstes Plädoyer. Dazu erhob ich mich erneut und stellt dar, weshalb der Tatvorwurf gegenüber dem Angeklagten nach meiner Auffassung in der heutigen Hauptverhandlung nachgewiesen worden ist. Nachdem man auf die Beweiswürdigung eingegangen ist, hat man den Strafrahmen darzulegen und die beantragte Strafe zu begründen und letztlich eine Verurteilung zu beantragen. Ich habe dabei noch beantragt, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wobei dies angeblich nicht unbedingt erforderlich ist. Ich wollte aber einfach alles vollständig beantragt haben. Der Richter hat meinen Ausführungen ruhig zugehört und sich auch ein oder zwei Notizen dazu gemacht. Im Anschluss war dem Angeklagten noch die Möglichkeit gegeben worden sich zu äuβern und ihm wurde das letzte Wort erteilt.

Der Richter in meiner Verhandlung nahm sich kurz Zeit für das Urteil. Nachdem er dieses für sich formuliert hatte, erhoben wir uns alle zu Urteilsverkündung. Er war meinem Antrag vollumfänglich gefolgt und sah die Sach- und Rechtslage genauso.

Im Anschluss an die Verhandlung galt es nun noch den Bogen für die Sitzungsvertreter auszufüllen, was bei einer erfolgreichen Verhandlung natürlich umso leichter fällt.

Die nächsten Sitzungen kommen demnächst, ich werde berichten, wie es weitergeht! 🙂

Der Artikel wurde am 16. Oktober 2014 von veröffentlicht. Alexander war Referendar beim OLG Oldenburg.