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  Ausgabe 20/2024
Dienstag, der 14.05.2024
     

 / NRW / Strafrechtsstation

Sitzungsdienst bei der Staatsanwaltschaft

von

Hier kommt er endlich, der versprochene Bericht über den Sitzungsdienst. Seit meinem letzten Bericht ist einige Zeit vergangen und die Station liegt – gefühlt – ewig lange zurück. Trotzdem will ich euch meine Erlebnisse nicht vorenthalten.

Nachdem ich in der Zivilstation nur passiv neben dem Richter gesessen und die Verhandlungen beobachtet hatte, war die Sitzungsvertretung in der Strafstation für mich eine willkommene Abwechslung. Obwohl ich einen Verhandlungstag zusammen mit einem Amtsanwalt wahrnehmen und damit bereits einen Probelauf machen konnte, war der erste Sitzungstag so ganz auf sich alleine gestellt trotzdem doch etwas Besonderes.

Vorstellen beim Richter?

Eine gern diskutierte Frage ist in diesem Zusammenhang, ob man vor den Verhandlungen im Büro des Richters vorbeizuschauen und sich vorzustellen sollte. Da ich an meinem ersten Sitzungstag noch viel Zeit hatte, habe ich mich spontan dazu entschieden. Der Richter war sehr nett und ich habe mich auch direkt wieder auf den Weg zum Sitzungssaal gemacht. Worin der große Vorteil liegen soll, dass ich mich vorgestellt habe, hat sich mir aber ehrlich gesagt nicht erschlossen. Denn die Richter wissen bereits vorher, ob sie einen Amtsanwalt oder einen Referendar vor sich haben werden. Später bin ich immer gut damit gefahren, die Richterin oder den Richter beim Betreten des Sitzungssaals freundlich zu grüßen.

Die Sitzungstage

Mein erster Sitzungstag dauerte mit Unterbrechungen kaum zwei Stunden und war daher in der Summe nicht besonders zeitintensiv. Ich hatte aber durchweg mit Delikten zu tun, die man im Studium eher selten prüft: Falschaussage, falsche Verdächtigung und Beleidigung, die jeweils in etwa einer halben Stunde abgeurteilt waren. In den folgenden Terminen kamen dann unter anderem noch Betrug, Diebstahl, Körperverletzungsdelikte, Erschleichen von Leistungen, Sachbeschädigung und Unfallflucht dazu. In den drei Monaten bei der Staatsanwaltschaft wurde ich acht Mal zur Sitzungsvertretung eingeteilt. Alle Termine haben mir viel Spaß bereitet. Für mich war auch die achte Körperverletzung noch ganz anders als die davor verhandelten. Die zwei Verhandlungen, die ich am eindrucksvollsten fand, schildere ich euch in einem extra Beitrag. 🙂

Ein Sitzungstag fiel (zum Glück 😉 ) aus. An diesem Tag hätte ich in einem Termin gehabt, bei dem mit acht Zeugen ausnahmsweise besonders viele Zeugen vernommen werden sollten. Das allein hat mich nicht abgeschreckt. Vielmehr fand ich es beeindruckend, welche komplexen Angelegenheiten Referendaren zugeteilt werden. Ich hätte allerdings eine Anklage wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung verlesen müssen. Diese beinhaltete eine Tabelle mit vier Spalten, welche sich auf über eine ganze DIN A4-Seite erstreckte… In Anbetracht des wohl langwierigen Verlesens der Anklageschrift war ich doch ziemlich froh, als ich einen Tag vorher benachrichtigt wurde, dass der Termin wegen Erkrankung des Richters aufgehoben werden musste.

Um einen langen Sitzungstag, der noch dazu der interessanteste war :-), bin ich trotzdem nicht herumgekommen. Während die meisten Sitzungstage gegen 13 Uhr endeten, dauerte einer von neun bis halb fünf, wobei wir nur eine Viertelstunde Mittagspause gemacht haben. Die kurze Pause hatte die Richterin mit mir abgesprochen. Hätte ich eine längere Pause gebraucht, wäre das überhaupt kein Problem gewesen. An diesem Tag war es übrigens Gold wert, dass ich nicht nur eine Flasche Wasser, sondern auch ein Wasserglas dabei hatte. So konnte ich auch während der der Verhandlungen trinken, ohne dass sich der Angeklagte oder Zeuge darüber wundert, dass die Vertreterin der Staatanwaltschaft die 1,5-Liter-Wasserflasche ansetzt. 😉

Verfahrenseinstellungen

Eingestellt habe ich natürlich auch. Dafür muss man als Referendar immer die Zustimmung des Einzelausbilders oder des Bereitschaftsdiensts einholen. Also immer kurz raus aus dem Sitzungssaal und telefonieren. Auch hier gilt: mit etwas Übung schildert sich der Sachverhalt leichter. Die dritte oder vierte Einstellung habe ich dem Bereitschaftsdienst schneller geschildert als die erste. Dabei half es mir, vor dem Anruf stichpunktartig zu notieren, was ich mitteilen wollte. Ob die Zustimmung erteilt wird oder nicht, hängt nicht nur von der eigenen Überzeugungskraft ab, sondern auch von der Einstellung des Staatsanwalts am anderen Ende der Leitung. So habe ich, nachdem ich mich bei einer Sache wunderte, warum in aller Welt ich keine Zustimmung erhalten hatte, erfahren, dass dieser Staatsanwalt wohl nur äußerst restriktiv zustimmt und schon so manchen Referendar verwundert hat. 😉

Fazit

Insgesamt hat mir die Sitzungsvertretung großen Spaß gemacht. Ich habe sehr unterschiedliche Typen von Richtern, Angeklagten, Zeugen und Verteidigern gesehen und gelernt, dass man nicht von allen Angeklagten und Zeugen auf die gleiche Weise vorgehen kann, sondern sich immer auf den Typ Mensch, der vor einem sitzt, einlassen muss, um eine möglichst auskunftsreiche Aussage zu erhalten. Das Gerücht, manche Richter oder Verteidiger würden Referendare schlecht behandeln, kann ich gar nicht bestätigen. Alle Richter und Verteidiger, mit denen ich zu tun hatte, waren durchweg freundlich, haben sich in den Pausen mit mir unterhalten und machten überhaupt nicht den Eindruck, als würden sie mich als Referendar weniger schätzen.

Allen, die die Strafrechtsstation noch vor sich haben, kann ich nur raten, diese tolle Chance wahrzunehmen und euch viel Spaß dabei wünschen!  🙂

Der Artikel wurde am 4. Mai 2015 von veröffentlicht. Carina absolvierte ihr Referendariat in Nordrhein-Westfalen.