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  Ausgabe 16/2024
Dienstag, der 16.04.2024
     

 / Nach dem Referendariat

Die Weiterbildung zum Fachanwalt

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Fakt ist: Die meisten Juristen werden nach dem 2. Examen den Beruf als Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwältin ergreifen. Auch wenn man im Studium und Referendariat zum Generalisten ausgebildet wird, ist es heute üblich, nicht als „Feld-, Wald- und Wiesenanwalt“ zu arbeiten, sondern sich mit einer Fachanwaltschaft zu spezialisieren. Man sollte sich also frühzeitig mit dieser Form der Weiterbildung intensiv beschäftigen.

Informationen findet man im Internet ohne Probleme – beispielsweise auf dem Portal www.fachanwalt.de, das sich an Rechtssuchende (mit einer Suchfunktion, den passenden Fachanwalt zu finden) und an Juristen (mit Informationen zur Weiterbildung als Fachanwalt sowie vieler rechtsgebietsbezogener Infos) gleichermaßen richtet. So werden unter anderem die Unterschiede von einer Fachanwaltschaft einerseits und den Interessen- bzw. Tätigkeitsschwerpunkten eines Anwalts andererseits gut dargestellt: Denn um den potentiellen Mandanten eine Spezialisierung zu vermitteln, ist es bereits vor dem Erwerb einer offiziellen Fachanwaltschaft erlaubt, bis zu fünf Rechtsgebiete als sogenannte „Interessensschwerpunkte“ zu nennen, für die man sich besonders interessiert und in denen man als Anwalt gern tätig werden möchte. Hat man sich mindestens zwei Jahre lang nachhaltig mit bestimmten Rechtsgebieten befasst, darf man diese nach außen hin als sogenannte „Tätigkeitsschwerpunkte“ angeben.

Was spricht für den Erwerb eines Fachanwaltstitels?

Ihr werdet Profi auf einem bestimmten Rechtsgebiet und weist Euch daher mit einem breiten Fachwissen mit viel praktischer Erfahrung aus. So könnt Ihr auf Eurem Rechtsgebiet auch komplizierte und komplexe Fälle oder besondere Sachverhalte kompetent bearbeiten. Meist werdet Ihr ja schon während des Studiums bzw. Referendariats festgestellt haben, wo Eure besonderen Interessen liegen. Diese könntet Ihr dann als Fachanwaltschaft zu Euren Tätigkeitsfeldern machen. 23 Fachanwaltschaften stehen Euch dafür zur Verfügung. So zum Beispiel Erbrecht, Verkehrsrecht, Strafrecht und Insolvenzrecht, um nur einige zu nennen. Die beliebtesten Gebiete derzeit sind Arbeitsrecht, Familienrecht und Steuerrecht. Eher weniger gewählt werden die Rechtsgebiete Internationales Wirtschaftsrecht, Agrarrecht und Vergaberecht.

Laut einer Übersicht der Bundesrechtsanwaltskammer sieht das „Ranking“ bei der Wahl der Fachanwaltschaften (mit Stand: 01.01.2017) folgendermaßen aus:

  • Arbeitsrecht: 10.370
  • Familienrecht: 9.516
  • Steuerrecht: 4.944
  • Verkehrsrecht: 3.814
  • Miet- und Wohnungseigentumsrecht: 3.566
  • Strafrecht: 3.448
  • […]
  • Vergaberecht: 145
  • Internationales Wirtschaftsrecht: 124
  • Migrationsrecht: 14

Die Wahl der für Dich „richtigen“ Fachanwaltschaft hängt natürlich zu allererst von Deinen Interessen ab. Bist Du in dieser Hinsicht flexibel, haben die weit verbreiteten Fachanwaltschaften zwar den Nachteil, dass man mit vielen anderen Anwälten konkurriert; diese Rechtsgebiete sind als Fachanwaltschaften aber gerade deshalb so beliebt, weil es in der Praxis viele Fälle gibt, für die ein spezialisierter Jurist beauftragt wird. Andersherum hat man sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal in seiner Region, wenn man sich für eine kleine Fachanwaltschaft entscheidet. Der Fachanwaltstitel zahlt sich aber möglicherweise deutlich weniger aus, weil es auch weniger Streitigkeiten in dem jeweiligen Rechtsgebiet gibt.

Unser Tipp: Startest Du demnächst in Dein Berufsleben, achte stets darauf, welche Fachanwaltschaften demnächst neu eingeführt werden sollen. So ist beispielsweise die Fachanwaltschaft für Migrationsrecht erst seit 2016 eine mögliche Spezialisierung und in die Fachanwaltsordnung (FAO) aufgenommen worden. Auf diesem Gebiet gibt es für die Vielzahl von Fällen in der Praxis derzeit noch recht wenige Fachanwälte.

Gibt es auch Argumente gegen den Erwerb eines Fachanwaltstitels?

Unserer Ansicht nach gibt es eigentlich keinen Grund, auf den Erwerb von Fachanwaltschaften als Zeichen der Spezialisierung zu verzichten. Sicherlich muss man sich darüber im Klaren sein, dass man dann genau für die fachanwaltsbezogenen Rechtsgebiete – aber nicht darüber hinaus – als Spezialist angesehen wird. Hat man zum Beispiel die Fachanwaltschaften für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht erworben, muss man damit leben, dass sich nahezu kein Mandant in die Kanzlei verirren wird, der ein strafrechtliches Problem hat. Man muss sich also bereits zu Beginn der Weiterbildung genauestens überlegen, welche Fachanwaltschaften man auf Kanzleischild und Briefpapier führen möchte und dass man hauptsächlich in diesen Rechtsgebieten ein Leben lang arbeiten wird.

Wie wird man Fachanwalt?

Nachdem das Jurastudium und das Referendariat erfolgreich absolviert wurden und Ihr mindestens drei Jahre als Anwalt zugelassen seid, kann mit der Zusatzausbildung zum Fachanwalt begonnen werden.

Die Weiterbildung zum Fachanwalt setzt sich dabei aus drei Stufen zusammen: Als erstes ist ein Fachanwaltslehrgang mit mindestens 120 Stunden und einigen Klausuren vorgesehen. Es folgt eine Fallliste, d.h. es muss der Rechtsanwaltskammer eine bestimmte Anzahl an in den letzten drei Jahren bearbeiteten Fällen aus dem gewählten Fachgebiet nachgewiesen werden. Beendet wird die Weiterbildung meist mit einer mündlichen Prüfung.

Voraussetzung für das Weiterführen des Fachanwaltstitels ist eine jährliche Fortbildungspflicht, die mindestens 15 Zeitstunden umfassen muss. Doch so bleibt Ihr immer auf dem neusten Stand und es wird zu jeder Zeit von Euch eine kompetente Beratung gewährleistet.

Auch wird der Titel Fachanwalt durch die Rechtsanwaltskammer verliehen und ist gesetzlich geschützt, daher seid Ihr nicht „nur“ ein Spezialist oder Experte auf einem Rechtsgebiet. So beweist Ihr ganz offiziell Euer theoretisches und praktisches Fachwissen, das von jedem anerkannt wird. Führt Ihr diesen Titel nicht, bezeichnet Euch aber als Profi auf einem Gebiet, kann das zu Verwirrung, Verwechslung und einem Beweisen Eurer Fachkenntnis führen. Mit dem Fachanwaltstitel seid Ihr also auf der sicheren Seite.

Was Euch als einen guten Fachanwalt wirklich ausmachen wird!

Es darf nicht vergessen werden, Ihr arbeitet nicht nur mit Paragraphen, sondern auch mit Menschen. Daher ist neben hervorragendem fachlichen Wissen und viel praktischer Erfahrung eine hohe Sozialkompetenz von höchster Bedeutung. Denn das Vertrauen zwischen (Fach)Anwalt und Mandant bildet die Basis Eurer Arbeit. Nur wenn das Zwischenmenschliche passt, könnt Ihr Euren Mandanten auch anwaltlich gut vertreten. Für potenzielle Mandanten ist es enorm wichtig sich ernst genommen zu fühlen, auf ein offenes Ohr mit viel Geduld und ohne Zeitdruck und einem ständigen Blick auf die Uhr, zu treffen.

Der Artikel wurde am 6. September 2017 von veröffentlicht. Michael ist ein ehemaliger Referendar aus NRW.