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  Ausgabe 20/2024
Freitag, der 17.05.2024
     

 / Staatsexamen

Gerichtlicher Instanzenzug im Strafrecht: Fiese Fragen und peinliche Irrtümer

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Wohin kommen Sie eigentlich, wenn Sie gegen das Urteil einer großen Strafkammer beim Landgericht Berufung einlegen? Und kommen Sie im Strafrecht mit der Revision immer zum BGH?

Derartige Fangfragen lassen eine mündliche Prüfung schnell im Desaster enden.

Denn gerade im zweiten Staatsexamen verlangen die Prüfer auch umfangreicheres prozessuales Wissen. Vor allem, wenn Strafrecht nicht gerade dein Lieblingsgebiet ist, solltest du dich mit dem strafrechtlichen Instanzenzug vor deiner mündlichen Prüfung noch einmal beschäftigen. Er bürgt nämlich einige Gemeinheiten und Unterschiede zum zivilrechtlichen Instanzenzug, die nicht unbedingt jedem geläufig sind.

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Damit du für den Fall der Fälle gewappnet bist, stelle ich in diesem Artikel ein paar besonders fiese Fragen zum Instanzenzug im Strafrecht samt Antwort vor. Dabei beziehe ich auch besonders erwähnenswerte Unterschiede zum zivilrechtlichen Instanzenzug mit ein.

Los geht’s:

Wenn man im Instanzenzug beim Amtsgericht startet, wo landet man dann am Ende mit der Revision?

Diese Frage ist gemein, weil die Antwort eine typisch juristische ist: „Es kommt drauf an.“ Nämlich auf das Rechtsgebiet. Wer hier also als Vollblut-Zivilrechtler sofort „BGH“ schreit, tritt ins Fettnäpfchen.

Im Zivilrecht ist „BGH“ die richtige Antwort. Denn dort kommt man vom Amtsgericht entweder mit der Berufung zum Landgericht und von dort dann zum BGH oder aber man geht direkt mit der Sprungrevision zum BGH. Beides ergibt sich aus § 133 GVG.

Im Strafrecht aber landet man nicht beim BGH. Dort landet man nach der Berufung zwar auch noch beim Landgericht, von dort bringt einen die Revision aber nur zum Oberlandesgericht! Auch mit der Sprungrevision kommt man vom Amtsgericht zum OLG, nicht zum BGH. Das folgt aus der Zuständigkeitsnorm § 121 GVG.

Der Vollständigkeit halber: Startet man im öffentlichen Recht beim Verwaltungsgericht, landet man mit der Revision am Ende oder über die Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht. Aus der Reihe tanzt also nur das Strafrecht.

Welche Gerichte können im Strafrecht erstinstanzlich zuständig sein?

Viele Referendare denken, dass der strafrechtliche Instanzenzug zwangsläufig vor den Amtsgerichten oder den Landgerichten beginnt. Tatsächlich kann im Strafrecht jedoch auch das Oberlandesgericht erstinstanzlich zuständig sein, und zwar in den Fällen des § 120 II GVG. Dann ist gegen das Urteil des OLG nur die Revision zum BGH möglich, keine Berufung (vgl. § 312 StPO).

Zur Ergänzung: In der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann erstinstanzlich das Verwaltungsgericht, das Oberverwaltungsgericht oder in den Fällen des § 50 VwGO sogar das Bundesverwaltungsgericht zuständig sein. Ist das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig, ist ebenfalls keine Berufung möglich, sondern nur die Revision zum Bundesverwaltungsgericht.

Wohin kommt man im strafrechtlichen Instanzenzug mit der Berufung vom Landgericht?

Das ist eine fiese Fangfrage. Im Strafrecht gibt es nämlich gar keine Berufung gegen landgerichtliche Urteile! Das ergibt sich aus § 312 StPO, der die Berufung nur für Urteile des Strafrichters und des Schöffengerichts für zulässig erklärt. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zum Zivilrecht, wo man gegen landgerichtliche Urteile ja Berufung zum Oberlandesgericht einlegen kann.

Es bleibt bei landgerichtlichen Urteilen in Strafsachen daher nur die Revision. Daraus folgt dann auch schon fast zwingend die nächste Frage, die es allerdings in sich hat:

OK, aber wohin kommt man im strafrechtlichen Instanzenzug denn dann mit der Revision vom Landgericht?

Hier muss man gleich zwischen drei Varianten differenzieren.

  1. Wie schon bei der allerersten Frage erkannt, bringt einen die Revision vom Landgericht in Strafsachen zum OLG, wenn man ursprünglich beim Amtsgericht gestartet ist, das Landgericht also schon die zweite Instanz war (zur Erinnung: Das folgt aus § 121 GVG.)
  2. Ist das Landgericht hingegen die erste Instanz, führt einen die Revision fast immer zum BGH, § 135 Abs. 1 GVG.
  3. Allerdings solltest du schon bei der genauen Lektüre des § 135 Abs. 1 GVG stutzig werden. Dort steht nämlich am Ende: „soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist“. Und genau hier liegt der Clou dieser Frage, mit dem du dich als absoluter Jura-Nerd profilieren kannst. In den (wenn auch praktisch wenig bedeutenden) Fällen des § 121 Abs. 1 Nr. 1 lit. c GVG ist für die Revision gegen Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug nämlich das Oberlandesgericht zuständig!Tipp: Schreibe dir § 121 Abs. 1 Nr. 1 lit. c GVG neben den § 135 Abs. 1 GVG, falls das in deiner Prüfungsordnung erlaubt ist.

Sei ehrlich, hättest du diese Fragen alle richtig beantworten können? Wenn nicht, bist du in bester Gesellschaft. Allerdings solltest du diesen Artikel zum Anlass nehmen, dich spätestens vor deiner mündlichen Prüfung noch einmal mit den gerichtlichen Instanzenzügen zu beschäftigen!

Der Artikel wurde am 3. Juli 2014 von veröffentlicht. Lucas Kleinschmitt war Rechtsreferendar in Hamburg. Für die RefNews schreibt er gelegentlich Gastbeiträge.