Wir wurden von einem Referendar darauf aufmerksam gemacht, dass nun auch Baden-Württemberg ab dem Jahr 2015 – verstärkt – rechtsgestaltende Klausuren im 2. Examen als Aufgaben stellen möchte. Vielen Dank für diesen Hinweis!
Gegenstand solcher Kautelarklausuren können beispielsweise sein: Die Formulierung eines Vergleichs, die Formulierung von AGB oder die Formulierung eines Testaments.
Das Prüfungsamt in Baden-Württemberg weist die Referendare in einem Schreiben darauf hin, dass nach § 50 Abs. 3 Satz 2 JAPrO B.-W rechtsgestaltende Klausuren als Aufgabentyp bereits jetzt zulässiger Gegenstand des 2. Examens ist, das Prüfungsamt diesen Klausurtyp aber ab 2015 verstärkt stellen möchte.
Wie wir bereits mehrfach in den RefNews berichteten (zB zu NRW bzw auch dem GPA-Bezirk), haben sich die Präsidenten der Landesjustizprüfungsämter mehrheitlich dafür ausgesprochen, verstärkt Kautelarklausuren zu stellen. Grund dafür sei, dass diese Aufgaben auch in der anwaltlichen Praxis häufig Gegenstand von Aufträgen seien und demnach das Examen sich näher an der anwaltlichen Praxis orientiere.
Zum neuen Aufgabentyp gibt es auch ein Infoblatt der Oberlandesgerichte Stuttgart und Karlsruhe mit folgendem Inhalt:
Die Klausuren der Zweiten juristischen Staatsprüfung haben nach § 50 Abs. 3 Satz 2 JAPrO B.-W in angemessenem Umfang rechtsgestaltende Elemente zu enthalten. Nachfolgend finden sich einige Hinweise, was aus Sicht der Oberlandesgerichte hier auf Examenskandidatinnen und Kandidaten zukommen kann:
Kautelarjuristische Aufgaben dürften nur die Bereiche Zivilrecht und Öffentliches Recht betreffen. Beispielsweise könnte verlangt werden:
– Gestaltung eines kleinen (auch öffentlich-rechtlichen) Vertrages bzw. von Vertragsklauseln;
– Formulierung eines Vergleichs (wie aus der Zivilstation bekannt; etwa mit einer Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Verfallsklausel);
– Formulierung einer Rücktritts- oder Kündigungserklärung;
– Formulierung einer Abmahnung (Wettbewerbsverstoß);
– Formulierung eines Testaments (etwa ein Berliner Testament) oder eines Erbvertrages;
– Formulierung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei ehrverletzenden Behauptungen.Geeignet für kautelarjuristische Elemente sind vor allem rechtsgestaltende Anwaltsklausuren, die mit einem Gutachten zur Rechtslage beginnen und darauf aufbauende Zweckmäßigkeitserwägungen verlangen. Hier ließe sich am Ende ein rechtsgestaltendes Element anfügen (etwa die Formulierung eines Vergleichsvorschlages an die Gegenseite nach Abwägung bestehender Prozessrisiken). Ein Mandantenschreiben dürfte wegen des Umfangs und der für einen Prüfer schwierigen Bewertung wohl nicht verlangt werden.
Es ist zu erwarten, dass rechtsgestaltende Elemente regelmäßig weniger als 50% des Klausurumfangs ausmachen und keine Spezialkenntnisse erforderlich sind. Reine kautelarjuristische Klausuren dürfte es zunächst nicht geben, da der Klausurtypus in Baden-Württemberg noch zu wenig bekannt ist.
Kautelarjuristische Aufgaben beziehen sich regelmäßig nicht auf entlegene Rechtsgebiete. Vorrangig haben sie praxisnahe Fragen aus dem Kernstoff zum Gegenstand (etwa dem Schuld- oder Sachenrecht). Deshalb sind auch nicht diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten im Vorteil, die rechtsgestaltungsnahe Schwerpunktbereiche gewählt haben (wie zum Beispiel Familien- und Erbrecht.