Bewerbung für den juristischen Vorbereitungsdienst abgelehnt – so erging es einem Bewerber, der das erste Examen mit 9,0 Punkten abgeschlossen hatte. Doch der Grund ist einleuchtend: Das Kammergericht Berlin wollte dem mehrfach vorbestraftem Mann nicht zur juristischen Karriere verhelfen. Jugendstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten wegen Betrugs in 144 Fällen, Haft in Berlin, offener Vollzug und Freiheit auf Bewährung. Später eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung in 170 Fällen. Insgesamt lässt sich so auf eine Strafe von 4 Jahren, einschließlich der Jungendstrafe, zurückblicken. Da ist die Eignung in dieser Berufssparte doch höchst zweifelhaft.
Der junge Mann zog im Januar 2019 erfolglos vor das Verwaltungsgericht Berlin. Begründet wurde die Ablehnung mit der Prüfungsordnung, die besagt, dass ein Bewerber abgelehnt werden darf, wenn er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden ist.
Das Oberverwaltungsgericht jedoch, vor das der abgelehnte Bewerber anschließend zog, sah im November 2019 die Sache etwas anders. Denn Jugendstrafe sei nicht gleich Freiheitsstrafe. Das gehe aus der Berliner Prüfungsordnung nicht heraus und so müsse das Kammergericht einen neuen Bescheid erlassen.
Was die Verwaltungsrichter zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Der Jurastudent saß seit 3 Wochen wieder einmal in Untersuchungshaft. Nach 7 Monaten Ermittlungsarbeit wurden ihm insgesamt 200 Taten vorgeworfen: Betrug, Urkundenfälschung und gewerbsmäßiger Handel mit Dopingmitteln. Der Schaden wurde auf mehrere 100.000 € geschätzt. Ein Komplize in Bremen wurde ebenfalls festgenommen.
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Im Winter 2020 wird die Politik etwas tun müssen, denn „das Oberverwaltungsgericht hat eine Regelungslücke offengelegt“, so der Pressesprecher der Senatsjustizverwaltung Sebastian Brux. Denn bisher konnte eine Jugendstrafe so lang sein wie sie wollte, sie führte nicht zur Ablehnung eines Bewerbers für das Rechtsreferendariat. „Unabhängig von diesem Verfahren ist ein Referentenentwurf zur Änderung der Berliner Juristen-Ausbildungsordnung in Arbeit, der die bisherige feste Grenze von zwei Jahren Freiheitsstrafe flexibler gestalten soll, um Ermessensspielräume zu eröffnen. Wir würden gerne einzelfallbezogen entscheiden können, ohne dass pauschal jede Jugendstrafe zum Ausschluss führen würde. Ein solcher Einzelfall kann auch die Verurteilung zu einer Jugendstrafe sein. Eine schematische Handhabung verbietet sich mit Rücksicht auf den Resozialisierungsgedanken des Jugendstrafrechts.“