RefNews

Das Blog zum Rechtsreferendariat

KOMMENTARE MIETEN STATT KAUFEN
  • RefNews - Der Blog von und für Rechtsreferendare


REFERENDARIATNEWS
REFNEWS
  Ausgabe 18/2024
Donnerstag, der 02.05.2024
     

 / Allgemein

Ehrenamtliche Tätigkeit bei „WEISSER RING e.V.“

von

Sich den ganzen Tag mit juristischen Themen zu beschäftigen ist ja schön und gut. Auch bringt es einen natürlich auch deutlich weiter. Aber beim besten Willen muss ich gestehen, dass ich insbesondere die ganze theoretische Arbeitsweise etwas über hatte. Schließlich stand ich am Ende meines Studiums und hatte nur noch meine Schwerpunktarbeit zu schreiben. Was läge da näher, als nun endlich mit der praktischen Arbeit zu beginnen. Neben der doch recht lehrreichen und produktiven Arbeit bei einem Notar, wollte ich mich insbesondere der menschlichen Seite zuwenden. Daher entschied ich mich für eine ehrenamtliche Mitarbeit beim WEISSEN RING e.V. in der Außenstelle Magdeburg, welche ich nun schon das dritte Jahr ausübe.

Insbesondere auf meine Strafrechtsstation hat sich diese Entscheidung sehr positiv ausgewirkt. Innerhalb des WEISSEN RINGS arbeite ich intensiv mit den Menschen zusammen, die Opfer von vorsätzlichen (bald auch fahrlässigen) Straftaten geworden sind. Im Jahr 2014 haben wir als Mitarbeiter der Außenstelle meist Sexualdelikte (14 Fälle), Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit (12 Fälle) und Delikte der häuslichen Gewalt (12 Fälle) behandelt. Wir selber sehen uns grundsätzlich als eine Art Lotsen für die Opfer der Verbrechen. Unsere Arbeit umfasst dabei vorrangig die umfassende Beratung und Betreuung der Menschen in der schwierigen Lebenssituation. Bei einem Erstgespräch wird dann zunächst erfragt, inwieweit wir helfen können bzw. welche Hilfe nötig ist. Manchmal reicht es, dass man in einem Gespräch der Person einfach nur zuhört oder an eventuell andere Stellen verweist. Dies gilt insbesondere bei Sexualdelikten, welche spezielle Betreuung durch Psychologen nötig macht. Andere Fälle erfordern mehr Zuwendung. Innerhalb der weitergehenden Betreuung helfen wir den Opfern wieder auf die Beine zu kommen, suchen eine neue Wohnung in Zusammenarbeit mit den Behörden, was oftmals bei häuslicher Gewalt oder auch Stalking notwendig ist, und helfen bei der Suche von Psychologen und Rechtsanwälten. Die intensive Beschäftigung mit der Thematik und die praxisnahe Erfahrung, haben mir geholfen viele Straftatbestände einfacher zu verstehen. Um dem Menschen in einer solchen Sache helfen zu können, wobei die juristische Arbeit nicht zu unserer Aufgabe gehört, habe ich versucht, mich auch theoretisch in die Sache einzuarbeiten, um ihnen das ganze Geschehen und das Rechtssystem verständlich zu machen.

Sollte es schlussendlich zu einem Gerichtsverfahren kommen, begleiten wir die Opfer auf Wunsch auch zu den jeweiligen Verhandlungen. Und eben diese Erfahrung hat mir innerhalb meiner eigenen Verhandlungen, die ich im Zuge meiner Station leiten musste, sehr geholfen. Abläufe von Verhandlungen, Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, aber auch das einfache „Vorlesen“ der Anklage habe ich schon ausreichend vor und während meines Referendariats selbst erlebt, sodass ich darauf oftmals zurückgreifen konnte. Innerhalb eigener Recherche hinsichtlich des Verfahrens, um dem Opfer beispielsweise die Angst zu nehmen, haben mir schon früh selbst geholfen die Abläufe zu verstehen. Zusätzlich trägt die kontinuierliche Arbeit dazu bei, dass man das Gelernte auch nicht vergisst. Außerdem kann man sich viel von den Anklageschriften der Staatsanwaltschaft abschauen – oder manchmal weiß man, wie man es nicht machen sollte.

Auch zu erwähnen gilt das vielseitige Weiterbildungsprogramm des WEISSEN RINGS. Neben allgemeinen Themen wie Kommunikation oder auch der Umgang mit verschiedenen Opfergruppen, gibt es auch juristisch interessante Themen wie Kriminalprävention und Begleitung im Strafverfahren, welche ich dieses Jahr besuchen werde. Innerhalb dieser Seminare, welche meist über ein Wochenende gehen, wird einem viel Theorie und besonders die Anwendung in der Praxis gelehrt. Diese sind auch durchaus interessant für das Referendariat. Zwar sind die Wochenenden gerade jetzt in der Zeit vor dem zweiten Examen sehr kostbar, aber diese Seminare bilden in verschiedene Richtungen weiter und sind eine Bereicherung für die praktische Arbeit.

Mich hat die ehrenamtliche Arbeit beim WEISSEN RING neben dem menschlichen Aspekt auch in meiner juristischen Denkweise weitergebracht. Immerhin beschäftigen wir Referendare uns zumeist mit den strafrechtlichen Problemen der Täter. Das ganze von der Opferseite aus zu betrachten, erweitern den Horizont und trägt zum Verständnis so mancher strafrechtlicher Vorschrift oder gerichtlichen Vorgängen bei. Dabei ist die freie Zeiteinteilung ein großes Plus der Arbeit, da Zeit ohnehin knapp ist und ich für meinen Teil einen zeitintensiven Nebenjob diesbezüglich nicht in Betracht gezogen habe. Wer also mal etwas anderes versuchen möchte, aber dabei den juristischen Bezug nicht gänzlich vernachlässigen will, der ist beim WEISSEN RING e.V. gut aufgehoben.

Der Artikel wurde am 27. Januar 2015 von veröffentlicht. Sophie war Referendarin in Sachsen-Anhalt.