Da man fast ausnahmslos jede Woche einmal Sitzungsdienst hat, kann ich von 2 weiteren Sitzungstagen berichten: Eigentlich heißt es im Volksmund alle guten Dinge sind 3. Meine 3. Sitzungsvertretung war aber bescheiden. Ursprünglich waren 8 Sachen zu verhandeln. Die erste Sache fiel bereits nach einem Tag weg, weil ich offensichtlich unzuständig war – ein Aktenirrläufer. Vom Ausfall der zweiten Sache erfuhr ich, als ich 3 Tage vorher den Richter anrief. Kurzfristig ist dann noch eine dritte Sache ausgefallen. Es blieben also 5 Sachen übrig.
Und aus 5 Sachen habe ich EINE Verurteilung mitgenommen; nach Rücksprache mit dem Ausbilder wurde hier von mir eine Berufung angeregt. Eine magere Ausbeute. Die anderen Verfahren führten zu 1 x Freispruch, 2 x Fortsetzungstermin und 1 x neuer HVT (= Hauptverhandlungstermin) von Amts wegen. Der Vormittag war herum, aber man hatte das Gefühl, dass nichts erledigt war. Besser wurde es dann auch nicht, als mein Ausbilder mich beglückwünschte, da ich jetzt noch 2 Vermerke über die Fortsetzer schreiben „dürfe“. Schließlich könne es sein, dass ich den Fortsetzungstermin (der noch bestimmt wird) gar nicht selbst wahrnehmen könne. Zu diesem Zeitpunkt war es dann 16 Uhr. Da wusste ich denn auch, dass es heute abend nichts mit Simpsons werden wird und ich stattdessen bis 20 Uhr brav meine Vermerke schreiben werde. Insgesamt also ein Spitzentag. Ich fühlte mich ein bisschen wie Bernd Römer, weil alle Verfahren mehr oder weniger ein dynamisches Eigenleben mit Überraschungszeugen etc. wie im Fernsehen hatten.
Die 4. Sitzungsvertretung war dann wieder besser. Sie spielte beim Jugendrichter an einem ländlichen Amtsgericht. Erfreulicherweise gab es nur 4 Sachen zu verhandeln, was ein eher leichtes Programm bedeutet. Es war meine erste Sitzungsvertretung in Jugendsachen. Ich rief in der ersten Sache meinen Ausbilder an, ob ich statt 30 Sozialstunden auch einen Konfliktvermeidungskurs als Auflage beantragen dürfe. Er meinte, ich solle mal hören, was die Jugendgerichtshilfe so meint und müsse dann mal schauen, was ich als Ahndung so vertreten könne (auch im Hinblick auf die Vorerörterung). Danach lief alles problemlos ab. Mofa-Tuning, Schulhofschlägerei und Alkoholfahrt wurden denn entsprechend abgeurteilt bzw. mit den erziehungsmäßig angezeigten Sozialstunden versehen. Insgesamt muss ich sagen, dass das Verfahren vor dem Jugendrichter für einen Referendar viel besser ist. Während des Vortrags der Jugendgerichtshilfe (der den bereits bekannten Text aus der Handakte noch einmal vorträgt), kann man prima die Gedanken fürs Plädoyer sammeln…