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  Ausgabe 17/2025
Freitag, der 25.04.2025
     

 / NRW / Staatsexamen

Referendariat in OWL (42) – S2

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So heute stand als S2-Klausur eine Revision aus Sicht der Nebenklage zur Bearbeitung an. Inhaltlich beschäftigte sich das zu untersuchende Urteil mit Brandstiftungsdelikten. So weit so ungewöhnlich.

Die etwas betagte Mandantin war zugelassene Nebenklägerin des Verfahrens vor dem LG Düsseldorf (Schwurgericht). Ihr bettlägerige Ehemann ist bei der verhandelten Brandstiftung ums Leben gekommen. Der Angeklagte Feuerteufel war natürlich Feuerwehrmann und wollte als erster am Tatort sein. Und als echter Retter braucht es natürlich ein hinreichend gefährliches Szenario. Also zündete er mit Feuerzeugbenzin eine lackierte Holztür im Keller an, wobei er die entstehenden Giftgase und die dadurch verursachte Todesgefahr hinnahm (so die nicht zu beanstandenden Feststellungen des Gerichts). Über den Kellerflur zog der Rauch ins gemeinsame Treppenhaus und damit auch in die Wohnung der Nebenklägerin. Die Tür brannte aus, die Mauern und sonstige wichtige Teile des Hauses gingen nicht in Brand auf. Die Wohnung der Nebenklägerin war nach Feststellungen des Sachverständigen 10 Tage unbewohnbar. Der bettlägige Ehemann der Mandantin konnte nicht fliehen und verstarb ehe eine Rettung durch die Feuerwehr (und den Angeklagten) möglich war. Sonstige Personen im Haus kamen nicht zu Schaden. Der Angeklagte glaubte, die Gefahren durch seine Anwesenheit am Tatort und die schnelle Alarmierung seiner Kollegen beherrschen zu können.

Angeklagt war die Tat nach § 306c StGB. Die Verurteilung durch das Gericht erfolgte nach §§ 306 b II Nr. 1, 222, 52 StGB. Ein Hinweis an den Angeklagten nach § 265 StPO erfolgte nicht. Staatsanwaltschaft und Verteidigung legten gegen die Verurteilung zu 6 Jahren Zuchthaus keine Rechtsmittel ein. Der erste Rechtsanwalt der Mandantin hatte noch rechtzeitig schriftlich Revision eingelegt. Die Begründungsfrist dürfte nach dem Sachverhalt ebenfalls noch gewahrt worden sein.

Als prozessuale Probleme konnte man erörtern (Achtung Spoiler!!):

– Sachliche Zuständigkeit des Schwurgerichts, weil letztlich nicht wegen eines Tötungsdelikts verurteilt wurde
– Eröffnungsbeschluss wurde der Nebenklägerin nicht formlos mitgeteilt (§§ 397 I 5, 35 II 2 StPO)
– Das Schwurgericht war nur mit 2 Berufsrichtern besetzt (§ 76a II 1 GVG). Eine Rüge nach § 222b StPO wurde von der Nebenklägerin nicht erhoben. Ist hier die fehlende Mitteilung vom Eröffnungsbeschluss relevant?
– Die Nebenklägerin hat die Verhandlung während einer Zeugenaussage verlassen. Ist sie notwendiger Teilnehmer der Verhandlung?
– Der Angeklagte wurde nicht auf veränderten rechtlichen Gesichtspunkt hingewiesen (§ 265 StPO). Beschwer der Nebenklägerin in diesem Punkt?
– Der Nebenklägerin wurde nach dem Schlussvortrag der StA keine Stellungnahme eingeräumt (Protokoll schweigt)

Der Artikel wurde am 11. November 2011 von veröffentlicht. Kai hat sein Referendariat in NRW gemacht.