Meine Anwaltsstation neigt sich langsam dem Ende zu. Ich bin noch bis Ende August beim Anwalt. Anschließend habe ich noch 2 Monate für die Vorbereitung auf die Klausuren im November. Ich hoffe mal 2 Monate „Tauchen“ reicht für eine Wiederholung des Stoffes, ein paar Klausuren und Übersichten zu allen wichtigen praktischen Arbeiten.
Von der Tätigkeit beim Anwalt kann man eigentlich kaum etwas berichten, weil alles so unspektakulär ist. Meine wöchentlichen Aufgaben liegen im Wesentlichen im Anfertigen von Vermerken (ca. 1 pro Tag), daneben bin ich bei Mandantengesprächen in der Kanzlei anwesend und fahre zu Gerichtsterminen/Ortsterminen beim Mandanten. Gerade die auswärtigen Termine machen Spaß, weil man das Büro und seine Akten mal aus den Augen bekommt. Zudem lernt man durch diese Termine auch eine Menge, was die Befindlichkeiten von Prozessparteien, des Gerichts und des Mandanten angeht.
Mir fällt da auf, dass Mandanten oft sehr schwierig sind. Häufig sind sie vom Bestehen ihres Anspruchs bzw. ihres Rechts so überzeugt, dass man sich fragt, warum sie überhaupt einen Anwalt brauchen. Diese Leute sind dann mit Samthandschuhen anzupacken, weil das Aufzeigen etwaiger Prozessrisiken manchmal auf totales Unverständnis stößt, in seltenen Fällen gar als Beleidigung aufgefasst wird. Als Anwalt muss man nach außen die Beherrschung bei solchem Verhalten behalten, im Innenverhältnis unter den Anwälten macht man seinem Ärger dann verständlicherweise Luft („Der Herr X ist einfach ein Idiot!“). Die Mandanten wollen also häufig einen Anwalt, der ihren Standpunkt opportunistisch uneingeschränkt teilt. Dass solche Anwälte nicht unbedingt die Interessen ihrer Mandantschaft optimal wahrnehmen, liegt auf der Hand. Das ist aber egal, weil ein solcher Anwalt gegenüber seinem Mandanten die Schuld am Ausgang des Verfahrens einfach auf den Richter abwälzt.
Der richtige Umgang mit Mandanten will also gelernt sein. Er setzt insbesondere ein gewisses Selbstbewusstsein – bzw. eine Aura – des Anwalts voraus, die ich als Referendar nicht habe. Aus diesem Grund werde ich jedenfalls nicht allein einen gerichtlichen Termin wahrnehmen. Auch der Teil des Mandantengesprächs, in dem der Anwalt seine Kosten zur Sprache bringt, setzt diese Aura voraus. Eigenverantwortliches Arbeiten in der Anwaltsstation „nach außen“ wird es daher in meiner Anwaltsstation (wohl) nicht geben. Von meinen Kollegen habe ich gehört, dass der eine oder andere mal einen Termin alleine wahrnehmen darf. Dort geht es aber meist um Verfahren, in denen nichts schief gehen kann (z.B. „Klopftermine“ oder vor dem Sozialgericht).
Die Hauptaufgabe des Referendars in der Anwaltsstation ist es, die Schriftsätze des Anwalts vorzubereiten. Man sollte sich keinen Illusionen hingeben, dass man wie ein Staatsanwalt im zivilrechtlichen Parteiprozess auftreten kann. Denn der zahlende Kunde will in aller Regel Chefarztbehandlung vom Anwalt und keine Vertretung durch den Referendar. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel, man sollte aber nicht mit einer solchen Erwartungshaltung in die Anwaltsstation gehen.