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  Ausgabe 17/2025
Freitag, der 25.04.2025
     

 / Anwaltsstation / NRW

Referendariat in OWL (27) – Learning on the Job

von

Als Referendar ist man in Anwaltskanzleien eine gern gesehene günstige Arbeitskraft. Ich verdiene in einer mittelständischen Kanzlei 200,00 Euro pro Monat.  Die Kanzlei hat mich schon am raus, wenn sie einen Vermerk, für den ich 2 Stunden gebraucht habe, dem Mandanten mit einer Stunde a 200,00 Euro in Rechnung stellen kann. Den Rest meiner Arbeit erbringe ich dann für lau. Für die Kanzlei ein lohnendes Geschäft, zumal ich 4 Tage die Woche in der Kanzlei aufschlage. Trotzdem fühle ich mich nicht unbedingt ausgenutzt.

Letztlich bringt einem die Anwaltsstation auch für später wahnsinnig viel. Wer nur 3 oder 4 Monate sporadisch beim Anwalt ist und danach direkt taucht, hat zwar einiges mehr an Lebensqualität. Vielleicht schreibt er aufgrund der intensiveren Vorbereitung durch Klausurenschreiben auch ein besseres  Examen. Für die berufliche Tätigkeit ist er jedoch nicht bestmöglich ausgebildet. Folgendes habe ich bislang in der Anwaltsstation erlebt:

– Ich habe in 3 Monaten rund 30-40 Vermerke geschrieben. Die Rechtsgebiete waren quer Beet, das meiste im Zivilrecht und im öffentlichen Recht. Manches war examensrelevant. Manches dagegen nicht (z.B. Abgabenbeitragsrecht, Kirchenrecht der ev. Kirche, gewerblicher Rechtsschutz). Am schwierigsten sind Beratungssachen, weil man dort rechtsgestaltend tätig wird. Der Richter hat es im Nachhinein sehr leicht, weil es ihm genügt, Fehler zu finden. Als Anwalt schaut man nach vorne und muss Fehler zwingend vermeiden, will man nicht seine Rechtsschutzversicherung überstrapazieren.

– In der Hälfte der Sachen durfte ich dann Schriftsätze an Mandanten, Gegner oder Gericht schreiben. Oft wurden die Texte auch inhaltlich im Wesentlichen übernommen. Wenn man dann den eigenen Schriftsatz in tragenden Teilen in der Akte wiederfindet, ist das schonmal nen ordentliches Lob.

Mandantengespräche in der Kanzlei und im Ortstermin sind sehr spannend und eine willkommende Ablenkung vom „Aktenfressen“. Der Anwalt muss als Psychologe auf seinen Kunden eingehen und seine Befindlichkeit erkunden. Oft sind Mandanten schwierige Personen, weil sie es nicht geschafft haben, den Normkonflikt  (mit Nachbarn oder Behörden) ohne fremde Hilfe zu lösen. Da fasst man sich manchmal auch an den Kopf. Aber da man als Anwalt auch vor allem Geschäftsmann ist, muss man ruhig und besonnen agieren. Der Mandant ist König und man muss ihn bei Laune halten.

– Ab und zu gibt´s Gerichtstermine. Meine Kanzlei ist weniger „forensisch“ tätig, sodass es da für mich weniger zu tun gibt. mal sehen, ob ich demnächst mal ne kleine sache eigenverantwortlich verhandeln darf. schauen wir mal.

– Zwischendrin gibt es immermal Spezialjobs für den Herren Referendar. Z.B. hab ich einen Fragebogen zum umweltrechtlichen Compliance strukturiert, den Unternehmen ausfüllen sollen. Die Fragen gab es vom Anwalt und ich habe diese in eine für mich sinnvolle Reihenfolge gepackt und ein bischen formatiert. Umfangreiche Dinge (z.B. aus dem Verfassungsrecht) kann ein Anwalt neben seinen sonstigen Akten nicht bewälltigen. Hier ist ein Referendar als wissenschaftlicher Mitarbeiter gefragt.

– Alle 2 Monate veranstaltet meine Kanzlei ein Seminar für die Bauverwaltung oder Architekten zu ausgewählten Rechtsgebieten. Daran nehme ich natürlich teil, weil man dort viel Praxisrelevantes lernt. Es ist zwar kein Kaiserseminar, aber immerhin!

– Im Übrigen lernt man auch viel durch Dinge, die ich nicht im Einzelnen nennen kann. So bringt das Gespräch mit den Anwälten in der Kantine oder auf dem Flur gute Einblicke in die Arbeitsmethoden des Anwalts. Wer nur Gutachten um Gutachten anfertigt, verpasst diesen Teil der Anwaltsstation. Einen wirklichen Blick in den Anwaltsberuf erlangt man nur, wenn man auch die Post des Gerichts mit Streitwertfestsetzungen liest oder mal den Sekretärinnen über die Schulter schaut, wie der Text auf den Briefbogen der Kanzlei kommt. Diktieren ist momentan aber noch nicht mein Part. Ich schreibe – wie im Studium – am liebsten alles  selbst.

Der Artikel wurde am 9. Mai 2011 von veröffentlicht. Kai hat sein Referendariat in NRW gemacht.