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  Ausgabe 37/2025
Montag, der 08.09.2025
     

 / Was lief in den Klausuren

Examenstermin Oktober 2014

von

Diskussionen zu den Klausuren, die im 2. Examen im Oktober 2014 liefen, gab es wieder im Forum “Zur letzten Instanz”:

http://www.forum-zur-letzten-instanz.de/showthread.php?tid=119

Und auch bei uns gibt es die Zusammenfassungen der Sachverhalte:

Z1-Klausur 

Urteil mit Schwarzarbeit rauf und runter + etwas Architektenhaftung, SV komplett unstreitig. Kläger (K) will diverse Sanierungsarbeiten in seinem Haus in Düsseldorf ausführen lassen. Beklagte zu 1) (B1) aus Düsseldorf soll Balkon neu fliesen. Vereinbarung: 6000 EUR ohne-Rechnung, weil K und GF der B1 Bekannte sind. Im SV stand extra, dass beiderseits die Umsatzsteuer erspart bleiben sollte. SchwarzArbG war als Anlage abgedruckt! Gleichzeitig beauftragte K den Beklagten zu 2) (B2) – einen Architekten aus Köln – mit Bauüberwachung. Die Arbeiten waren natürlich mangelhaft (unstreitig, Kosten 5000 EUR). Der Architekt hat sie abgenommen und war sonst nur ein Mal pro Woche auf der Baustelle und hat aus Zeitgründen nicht die einzelnen Leistungen der Handwerker überwacht, sondern immer nur einen Rundgang über die Baustelle gemacht. Im Auftrag der K rügte B2 die Mängel bei B1 unter Fristsetzung. Dieser schickten einen altverdienten und zuverlässigen Mitarbeiter hin. Dieser konnte nichts ausrichten und hat außerdem anlässlich der Arbeiten aus Unachtsamkeit die Balkontür beschädigt (Kosten etwa 500 EUR). Weitere Nachbesserung wird abgelehnt, wenn nicht gezahlt wird.
Kläger klagt gegen beide vor dem LG Düsseldorf. Antrag zu 1) = 5000 EUR als Gesamtschuldner nebst Zinsen; Antrag zu 2) = nur B1 Kosten der Balkontür nebst Zinsen. Darauf der B1 Widerklage auf 6000 EUR nebst Zinsen, hilfsweise (für den Fall, dass Vertrag wirksam) 6000 EUR nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Mangelbeseitigung. Im Übrigen beide B Klageabweisung.
Im jeweiligen Parteivortrag waren alle Argumente enthalten, die man für die Lösung gebraucht hätte.
K meint, dass § 139 BGB greift, ansonsten müsste er Ansprüche aus GoA haben, Berufung auf Nichtigkeit sei ja wohl treuwidrig. Beim Anspruch des B1 auf „Werklohn“, wenn er denn besteht, müsse man die Mangelhaftigkeit berücksichtigen.
B1 meint, K sei wenigstens um seine Leistung bereichert, für das Verhalten seines Mitarbeiters könne er nichts. Außerdem schickt B1 mit der Klageerwiderung eine ordnungsgemäße Rechnung über 6000 EUR brutto (!).
B2 rügt (in seiner eigentlich verspäteten Verteidigungsanzeige, das Gericht hat aber noch nichts gemacht) örtliche Zurständigkeit. Die Überwachung sei ihm zeitlich nicht möglich gewesen, da so viele Handwerker gleichzeitig gearbeitet hätten. Wenn er doch verpflichtet sein sollte, müsse der Anspruch gekürzt werden: Er falle mangels Haftung der B1 gegenüber K im Innenverhältnis zu B1 mit seinem Regressanspruch aus, das verstoße ja wohl gegen Treu und Glauben. Hilfsweise rechnet B2 mit einem Schadensersatzanspruch auf: Durch Vereinbarung einer ohne-Rechnung-Leistung habe der K eine Rücksichtnahmepflicht verletzt, der Schaden bestehe in dem deswegen nicht bestehenden Regressanspruch gegen B1.
Wer die Schwarzarbeit-Klausur zumindest in Grundzügen nicht auswendig konnte, dürfte in ziemliche Zeitnot geraten sein.

Z2-Klausur

Heute ging es mit einer (Kautelar)Anwaltsklausur weiter, deren Sachverhalt zunächst im Wesentlichen BGH NJW 2012, 1431 entsprach.

Mandant ist ein Fitnessstudiobetreiber. In seinem Studio stehen nur Geräte, in deren Nutzung die Kunden bei Vertragsbeginn eingeführt werden. Kurse o.ä. bietet er nicht an. Nun hat er Ärger mit einem Nutzer. Dieser hat am 1.2.2014 einen Nutzungsvertrag mit 24-monatiger Erstvertragslaufzeit abgeschlossen, aber schon am 26.5.2014 zum 30.06.2014 gekündigt (einfaches Schreiben ohne Angabe von Gründen o.ä.). Der Betreiber akzeptierte die Kündigung nur als zum Ende der Erstvertrgslaufzeit wirksam und wies sie im Übrigen zurück. Daraufhin meldete sich der Nutzer wieder per Brief (Zugang am 31.7.2014): Die Kündigung sei wirksam, eine so lange Vertragslaufzeit sei ihm nicht zumutbar, weil er seinen künftigen Freizeitbedarf und Gesundheitszustand nicht abschätzen könne. Hilfsweise kündigte er außerordentlich unter Hinweis auf das beigefügte ärztliche Attest. In dem Attest stand nur, dass der Nutzer voraussichtlich bis zum 31.1.2016 (Ende der Laufzeit) krankheitsbedingt nicht in der Lage sein wird, das Studio zu nutzen.
Der Mandant will auch das nicht akzeptieren, er habe sich gegen solches Vorgehen in seinen AGB abgesichert. Dort stand sinngemäß (und gegenüber der BGH-Entscheidung etwas abgeschwächt): „Der Nutzer ist zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn er krankheitsbedingt bis zum Ende der verbleibenden Vertragslaufzeit nicht in der Lage sein wird, das Fitnesstudio zu nutzen. Dies ist mittels eines äztlichen Attests nachzuweisen, aus dem sich nachvollziehbar die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung ergibt, die einer Nutzung entgegenstehen soll.“ Außerdem habe der Nutzer nicht mittels eines eingeschriebenen Briefes gekündigt, was auch in den AGB steht.
Insoweit war zu prüfen, ob der Mandant von dem Nutzer weiter das Entgelt verlangen kann und wie zweckmäßigerweise weiter vorgegangen werden sollte. Hierüber war der Mandant dann in einem Mandantenschreiben zu unterrichten.

Außerdem wollte der Mandant, dass seine AGB insgesamt überprüft werden. Bei Bedarf sollte ein neuer Entwurf ausformuliert werden. Er hat die AGB nämlich von einem Bekannten, der auch ein Fitnesstudio betreibt, übernommen und dieser wird jetzt von einer Verbraucherzentrale verklagt.
Die AGB sahe in etwa so aus:
1. Nutzer darf das FS während der Öffnungszeiten nutzen.
2. 24-monatige Erstvertragslaufzeit, die sich jeweils um 1 Jahr verlängert, wenn nicht ein Monat vor Ende gekündigt wird.
3. Monatliches Entgelt 40 EUR. Wird im Voraus zum Monatsersten fällig.
4. Die oben genannte Regelung zur Kündigung wegen Krankheit.
5. Schwangerschaft berechtigt nicht zur außerordentlichen Kündigung. Die Schwangere kann bei Vorlage eines Attests verlangen, kein Entgelt entrichten zu müssen für die Zeit, in der mit schwangerschaftsbedingten Komplikationen zu rechnen ist (oder so ähnlich, wahrscheinlich hat das LJPA die Klausel aus irgendeinem Formularbuch oder AG-Urteil).
6. Kündigung nur mit eingeschriebenem Brief.
7. Die Haftung des Fitnesstudios ist ausgeschlossen. Das gilt nicht für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

Insgesamt eine faire Klausur, zumindest die Ergebnisse der AGB-Prüfung stehen weitestgehend im Palandt. Geprüft werden sollte wohl die Methodik im Zusammenhang mit den AGB. Zeitlich ziemlich knapp bemessen, um alles sauber und schulmäßig durchzuprüfen.

Z3-Klausur

Also, ich habe meine Kräfte wieder zusammen und versuche mal, den SV möglichst ausführlich und chronologisch darzustellen. In den Schriftsätzen war es das reinste Chaos.

Der Kläger kaufte im August 2013 im eigenen Namen bei der Beklagten GmbH aus Dortmund eine Menge Schneeschaufeln für etwa 17000, um sie weiterzuverkaufen. Im Anschluss gab es Streit um die Mängel. In dem von der Beklagten eingeleiteten Rechtsstreit vor dem LG Dortmund haben sie dann am 15.1.14 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger verpflichtete 15000 EUR in drei Raten zu zahlen (fällig jeweils am 3.2, 3.3. und 1.4.). Die erste Rate hat er auch am 23.1. gezahlt.

Am 28.2. ging bei der Beklagten eine Mitteilung von einer UG, deren Firma den Namen des Klägers trägt und deren Geschäftsführer er ist, ein. Darin stand, dass die UG eine neue Anschrift habe und zwar die des Klägers. Fax und Telefon würden zunächst unverändert bleiben. Mit dieser UG hatte die Beklagte bis dahin keine Geschäftskontakte. Der Kläger behauptet später, dass die Mitteilung den Geschäftspartnern der UG gegolten habe und die Übersendung auch an die Beklagte ein Versehen gewesen sei.

Am 31.3. telefoniert der Kläger dann mit dem Verkaufsleiter der Beklagten (A). Er will 350 Schaufeln zurückgeben, weil sie verrostet und damit mangelhaft wären. Der Kläger behauptet, dass in dem Gespräch eine Rückabwicklung zum Verkaufspreis vereinbart wurde. Die Beklagte behauptet, dass nur eine Rücknahme aus Kulanz zum Zeitwert (3000 EUR) vereinbart wurde. Am 1.4. bringt dann ein Mitarbeiter (Fahrer) des Klägers – die Beklagte bestreitet, dass es Mitarbeiter des Klägers und nicht der UG war – die Schaufeln zur Beklagten. Der Kläger meint, dass der A bei der Rücknahme erklärt habe, dass die Schaufeln wegen der Mängel zurückgenommen werden würden. Die Beklagte bestreitet das.

Am 2.4. erteilt die Beklagte der UG eine Gutschrift über 3000 EUR (es war nur ein Schreiben gerichtet an die UG, Zahlung erfolgte nicht). Der Kläger behauptet später diese Gutschrift zurückgewiesen zu haben (ob für sich oder als GF der UG war nicht klar). Jedenfalls forderte er die Beklagte am 15.4. vergeblich auf, den Verkaufswert der zurückgegebenen Schaufeln an ihn zu zahlen.

Am 4.5. wurde auf Antrag der Beklagten ein PfÜB für das Geschäftskonto der UG iHv 15000 EUR erlassen (sonst keine Angaben zur Zustellung o.ä.). Sie hatte ihr Konto bei derselben Bank wie der Kläger.

Daraufhin hat der Kläger Klage beim LG Dortmund erhoben. Anträge: ZV aus dem Vergleich für unzulässig erklären und die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs an ihn herausgeben. Dazu Antrag auf VU. Begründung: Zahlung der 5000 EUR, Aufrechnung mit dem Verkaufswert der zurückgegebenen Schaufeln (etwa 7200 EUR) und das Versprechen, den Rest bald zu zahlen. Außerdem sei die UG von ihm personenverschieden und habe mit der Sache nichts zu tun.

Gericht ordnet schriftliches Vorverfahren an und stellt die Klage mit Aufforderung zur Verteidigungsanzeige usw. der Beklagten persönlich am 18.6. zu (im Erkenntnisverfahren, das mit dem Vergleich endete, war sie anwaltlich vertreten, diese Anwälte waren in der Klageschrift nicht genannt). Verteidigungsanzeige kommt nicht, sodass das Gericht am 7.7. antragsgemäß ein VU erlässt, das (laut JPA-Vermerk) am 18.7. dem Klägeranwalt und der Beklagten persönlich zugestellt wird.

In der Zwischenzeit, nämlich am 8.7., wird auf Antrag der Beklagten ein PfÜB für das persönliche Geschäftskonto des Klägers über 7000 EUR erlassen (sonst keine Angaben zur Zustellung o.ä.). Auf diesen PfÜB zahlt die Bank am 29.7. die 7000 EUR plus Vollstreckungskosten.

Am 8.8. geht bei Gericht ein Einspruch für die Beklagten mit einem Wiedereinsetzungseintrag ein; verfasst von einer Rechtsanwältin, die bislang mit dem ganzen nichts zu tun hatte.
Begründung für die Wiedereinsetzung: Geschäftsführer der Beklagten war vom 14.7. bis 30.7. im Jahresurlaub. Als das VU kam, wurde die RAin kontaktiert und ihr eine Abschrift des VU übermittelt (nähere Umstände zur Mandatierung weiß ich nicht mehr). Mit der Assistentin der Geschäftsleitung wurde dann für den 31.8. ein Gespräch mit dem Geschäftsführer vereinbart. Das sei erforderlich gewesen, weil die Anwältin den Fall bislang ja überhaupt nicht kannte. Für den 31.8. hat sie auch die Wiedervorlage verfügt. Am 31.8. hat sie vor dem Gespräch jedoch einen Unfall erlitten. Sie musste mit Hinrschädeltrauma in die Notaufnahme und wurde erst gegen 18:00 entlassen. Bis einschließlich 4.8. war sie nicht arbeitsfähig. Ihren ständigen Vertreter konnte sie am 31.8. unfallbedingt auch nicht mehr erreichen, außerdem wäre er vom 1.8. an im Urlaub gewesen.
Begründung der Klageabweisung: Den Antrag auf den PfüB gegen die UG habe man zurückgenommen, damit sei dies erledigt. Es war ohnehin nur ein Versehen. Die Zahlung von 5000 EUR wird akzeptiert. Die Gutschrift habe man der UG wegen der Mitteilung vom 28.2. erteilt, der Kläger muss sich das zurechnen lassen und die Beklagte werde sich die Gutschrift auch seitens des Klägers entgegenhalten lassen. Von einer Vereinbarung der Rücknahme zum Verkaufspreis sei nie die Rede gewesen. Über den Restbetrag von 7000 EUR habe man daher zurecht den PfÜB für das Geschäftskonto des Klägers beantragt (dieser PfÜB wurde erst mit dem Einspruch mitgeteilt).

Am 9.8. kommt ein weiterer Schriftsatz der Beklagten. Es sei der RAin mitgeteilt worden, dass die Bank auf den PfÜB gezahlt hat, damit sei das Ganze erledigt (die oben erwähnte Zahlung wurde also auch erst hier mitgeteilt). Man sei bereit, die vollstreckbare Ausfertigung herauszugeben, aber nur wenn der Kläger die Gutschrift akzeptiert. Anderenfalls werde man auch die restlichen 3000 EUR vollstrecken.

Am 19.8. geht eine Replik des Klägers ein. Er hält an seiner Darstellung der Rückabwicklung fest (der schon oben dargestellte Vortrag zum 31.3. und 1.4. wurde erst in der Replik erwähnt) und benennt den Mitarbeiter als Zeugen. Ausßerdem wird – aus anwaltlicher Vorsicht – Rücktritt erklärt. Die Schaufelblätter seien mangelhaft gewesen. Sie wären nur aus Eisen gefertigt und nicht aus Edelstahl oder Kuststoff. Deswegen seien sie verrostet und jetzt unverkäuflich. Hilfsweise sei sein Anspruch wegen der zurückgegebenen Schaufeln aus Bereicherungsrecht begründet.

In der Duplik widerspricht die Beklagte in Bezug auf die Ereignisse vom 31.3. und 1.4. und benennt ihrerseits den Verkaufsleiter A als Zeugen (unter Protest gegen die Beweislast). Die Schaufeln seien auch nicht mangelhaft. Dass die Schaufelblätter aus Eisen waren, stand in dem Verkaufkatalog, der dem Kläger vorlag (wohl unstreitig). Er hätte ja auch andere bestellen können. Der Rost muss vielmehr darauf beruhen, dass der Kläger die Schaufeln – unsachgemäß – im Freien gelagert hat.

In der mündlichen Verhandlung werden die beiden Zeugen vernommen. Der Mitarbeiter des Klägers bestätigt klar, dass er nur für den Kläger gearbeitet hat und von einer UG nichts weiß und bei ihr nie angestellt war. Zu dem 31.3. konnte er nichts sagen. Zur Rückgabe hat er ausgesagt, dass er die Schaufeln nur hingebracht hat. Über die Höhe der Gutschrift sei nicht gesprochen worden. Ihn interessiere das auch nicht, das mache immer der Chef. Der Verkaufsleiter sei aber über den Zustand der Schaufeln etwas verwundert gewesen.
Der Verkaufsleiter der Beklagten sagt, dass er am 31.3. definitiv nicht eine Rücknahme zum Verkaufspreis, sondern nur zum Zeitwert angeboten hat. Das hätte er ohne Rücksprache mit dem Geschäftsführer auch nicht machen dürfen. Über den Zustand der Schaufeln war er tatsächlich erstaunt. Sie seien zwar aus Eisen, bei ordnungsgemäßem Gebrauch würden sie aber nicht rosten. Sie müssten die ganze Zeit im Freien gelegen haben. Über die Gutschrift sei mit dem Mitarbeiter des Klägers bei der Rückgabe nicht gesprochen worden, dieser wollte auch schnell weg.

So viel zum Sachverhalt. Je mehr ich über die Klausur nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass man mit ihr am besten klar gekommen wäre, wenn man stumpf Schritt für Schritt unter die Normen subsumiert hätte, statt sich endlos mit den Einzelproblemen zu beschäftigen und am Ende weder eine vernünftige Lösung noch Zeit zu haben. Oder es gab für jede Klippe die Megalösung, mit der man sich einen Haufen Schreibarbeit ersparen konnte. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass alles, was in den Schriftsätzen drin war, für die Lösung entscheidend war. Wenn doch, dann war die Klausur erst recht die größte Frechheit, weil dafür objektiv nicht genug Zeit war. Eins lässt sich aber wohl festhalten: In jedem Termin gibt es mindestens eine Z-Klausur, die völlig abgedreht ist…

Z4-Klausur

Die Z4 war tatsächlich an die Entscheidung von OLG Oldenburg, Urteil vom 28.01.2014 – 13 U 111/13 sowie als Vorinstanz LG Osnabrück, Urteil vom 29.11.2014 – 12 O 2638/13 angelehnt. Es gab aber Abweichungen, weswegen ich den Sachverhalt doch noch kurz zusammenfassen werde.

Der Mandant ist der Verband des Kürschnerhandwerks in NRW eV mit Sitz in Bonn. Kürschner sind im Wesentlichen Pelzverarbeiter. Dazu, was sie genau machen, war ein Vermerk des Anwalts mit einem copy+paste aus Wikipedia im Aktenauszug. Ziele und Aufgaben des Vereins waren ausführlich in der beigefügten Satzung geschildert. Darin verpflichtete sich der Verein auch der Nachhaltigkeit und der Achtung von Tieren usw. Zu den Aufgaben gehörte neben Öffentlichkeitsarbeit auch die Unterstützung der Tierzuchtforschung sowie Kooperationen mit dem Deutschen Pelzinstitut (scheint so eine Lobbyeinrichtung der Pelzindustrie zu sein) und sonstigen Akteuren der Pelzindustrie.

Der Mandant hat sich zunächst über zwei Aktionen des Vereins zur Rettung bedrohter Tiere e.V. aus Bonn (VRT) beschwert und gefragt, ob man dagegen was machen kann. Ausdrücklich sollte nur die Möglichkeit eines schnellen Vorgehens geprüft werden.
Der VRT hat zunächst am 30.9. der kontoführenden Bank des Mandanten (genossenschaftlich organisiert) einen Brief geschrieben, mit dem die Bank gebeten wurde, ihre vertraglichen Beziehungen zu dem Mandanten zu überdenken. Darin stand zunächst (zutreffend), was der Mandant bzw. das Kürschnerhandwerk macht. Daran schloss sich der Satz an, dass der VRT die Züchtung von Tieren für die industrielle Verarbeitung für moralisch verwerflich hält. Die Bank hat das Schreiben an den Mandanten weitergeleitet, will selbst aber gegen den VRT nichts machen. Die Geschäftsverbindung werde selbstverständlich nicht beendet.
Außerdem hat der VRT auf seiter Homepage am 1.10. (im Aktenauszug war ein entsprechender Screenshot) zum einen darüber informiert, dass er der Bank dieses Schreiben geschickt hat. Zum anderen war da in etwa folgender Text zu finden: Als Überschrift „Pelzverarbeitung ist Tierquälerei“. Danach wurde wieder in einem Satz (zutreffend) beschrieben, was der Mndant macht. Daran schloss sich direkt in etwa folgender Satz an: „Damit ist er eine Interessenvertretung vom Tierquälern. An ihren Händen klebt Blut!“. In einem weiteren Absatz stand sinngemäß: „Außerdem unterstützten sie Kriminelle. In den Mitgliedsbetrieben des Verbandes werden Menschen beschäftigt, die gem. § 17 TierSchG verurteilt wurden.“
Der Mandant ist der Meinung, dass er durch dieses Verhalten des VRT zu Unrecht an den Pranger gestellt werde. Mit Meinungsäußerung habe das nichts zu tun. Außerdem stimme der Vorwurf im Zusammenhang mit § 17 TierSchG nicht. Es gibt strenge Informationspflichten für die Mitarbeiter und der Verband führt regelmäßig Kontrollen durch. Letztere Angaben waren nach dem Bearbeitervermerk zutreffend.
Unterhalb dieses Textes befand sich zum einen die Aufforderung, den Onlineshop des VRT zu besuchen, und zum anderen ein Spendenaufruf.

Der Mandant hat sich auch schon selbst per Brief an den VRT gewandt und diesen aufgefordert, die Kontaktaufnahme zu der Bank und die Äußerungen auf der Homepage zu unterlassen. Dem VRT gehe es nicht um Meinungsäußerung, sondern um wirtschaftliche Interessen. Er betreibe ein Geschäft mit dem Mitleid. Ein von dem Mandanten beauftragter Privatdetektiv habe herausgefunden (nach Bearbeitervermerk zutreffend), dass der VRT gar kein richtiges Büro habe und im Wesentlichen ein professioneller Spendensammler sei. Das Geschäft sei undurchsichtig. Die Kosten des Detektivs will der Mandant auch vom VRT ersetzt haben, es sollen insoweit aber keine gerichtlichen Schritte geprüft werden.

Der VRT weigert sich, der Unterlassenaufforderung nachzukommen und kündigt unter Berufung auf die Meinungsfreiheit weitere Aktionen an, ohne sie konkret zu benennen. Der VRT sei ein gemeinnütziger Verein, der sich einem öffentlichen Belang, dem Tierschutz, verschrieben habe. Die Kritik sei in sachlicher Form geübt worden. Der Spendenaufruf stehe in keinem Zusammenhang mit dem Brief an die Bank. Außerdem hätte der Mandant hierdurch keine Nachteile erfahren.

Kurz darauf kommt es auch tatsächlich zu einer neuen Aktion. Auf der Homepage des VRT findet sich nunmehr ein Boykottaufruf an die Kunden der Bank, der leicht an den Sachverhalt von OLG Oldenburg angelehnt ist. Unterschiede insoweit: Die Überschrift hieß „Kündigen Sie Konten der Chinchilla-Quäler, jetzt!“ (Ich habe das so verstanden, dass sich dieser Satz an die Kunden richtet und mit Chinchilla-Quäler die Bank gemeint war. Kann aber auch an die Bank gerichtet gewesen sein.) Darunter fand sich folgender Aufruf an die Kunden „Wir rufen alle Tierfreunde, die ein Konto bei der Bank haben, auf, dieses zu kündigen und der Bank ihre zerschnittene EC-Karte zusammen mit einem Protestbrief zu senden. Hierzu können Sie das nachfolgende Muster verwenden.“ Das Muster sah in etwa so aus: „Tierzucht für industrielle Pelzverarbeitung ist Tierquälerei. Von einer genossenschaftlichen Bank sei zu erwarten, dass sie keine Geschäfte mit Menschen machen, die sich auf diese Weise an Tieren bereichern. Daher kündige ich hiermit mein Konto bei Ihnen. Sollte die Bank innerhalb von vier Wochen das Konto des mandanten kündigen, können Sie meine Kündigung als gegenstandslos betrachten“. Unterhalb diese Aufrufs fand sich ein Hinweis darauf, dass die Aktionen des VRT auch mit Spenden unterstützt werden können.

Diese Aktion wird dem Anwalt vom Mandanten gemeldet. Außerdem teilt er mit, dass die Inhalte vom 1.10. nicht mehr auf der Homepage zu finden seien (im Bearbeitervermerk stand, dass sie unwiderruflich gelöscht wurden). Nach seiner Auffassung bestehe die Beeinträchtigung durch diese Inhalte aber fort. In diesem Zusammenhang betonte der Mandant erneut, dass jede Äußerung geprüft, gerichtliche Schritte aber nur dann eingeleitet werden sollen, wenn es schnell geht. Ansonsten wünsche er sich nur Beratung. Außerdem teilte er mit, dass der Detektiv unmittelbar am 1.10. beauftragt wurde, nachdem man die Homepage gesehen hat. Schließlich soll noch geprüft werden, ob der Mandant wegen der Aktionen Schmerzensgeld beanspruchen kann.

Man sollte ein Gutachten schreiben und im praktischen Teil entweder einen Schriftsatz an das Gericht fertigen (für den Fall, dass man ein gerichtliches Vorgehen zumindest teilweise für erfolgsversprechend hält) oder ein Mandantenschreiben entwerfen. Mandantenschreiben nur, wenn man gerichtliches Vorgehen insgesamt für nicht erfolgsversprechend hält.

Die Klausur war insgesamt ganz in Ordnung, ich hätte mir etwas mehr Argumentationsbasis gewünscht, denn die von beiden Seiten geäußerten Argumente waren recht dünn, insbesondere wenn man bedenkt, dass in Z1 für die wesentlich bekanntere Problematik der Schwarzarbeit praktisch jedes Argument im Sachverhalt enthalten war. Klarer Vorteil der Klausur war, dass man im Ergebnis vertreten konnte, was man wollte, vorausgesetzt man hat den Unterlassungsanspruch dogmatisch korrekt hergeleitet (Palandt hilft!): Das LG und das OLG haben in der Originalentscheidung auch jeweils das genaue Gegenteil entschieden. Blöd bei solchen Klausuren ist natürlich, dass man nicht wissen kann, ob man den Geschmack des Korrektors getroffen hat…

S1-Klausur

In NRW lief heute klassische StA-Klausur, d.h. mal wieder viel zu viel, obwohl inhaltlich ganz in Ordnung. Nachfolgend der Sachverhalt in Kürze.

Der Beschuldigte (B) hat mit dem Geschädigten R mal zusammen gepockert und 200 EUR gewonnen. Diese 200 EUR hat R an B nie gezahlt und versucht, dem B aus dem Weg zu gehen. Irgendwann fängt B den R dann überraschend in der Nähe von dessen Wohnung in Düsseldorf ab, hält ihm eine Waffenattrappe vor den Bauch und verlangt Geld. R hat gerade welches abgehoben und gibt seine Brieftasche dem B. Dieser nimmt die dort liegenden 4 50-EUR-Scheine und steckt sie ein (dabei hat B nach meiner Erinnerung nicht gesagt, dass R ihm Geld schulden würde oder so; auch stand da nichts zu dem Verbleib der Brieftasche). Das es eine Attrappe war, ergab sich aus einem LKA-Gutachten (täuschend echt aussehend, äußerlich nicht von einer echten Waffe zu unterscheiden, kann keine Minution aufnehmen oder abschießen). Anschließend sagt B zu R, sie werden jetzt in die Wohnung des R gehen, er wolle sehen, ob er noch mehr Geld habe. Das ganze Geschehen hat nach Aussage der R keiner mitbekommen.

In der Wohnung angekommen zwingt B den R, sich auf einen Stuhl in der Küche zu setzen und fesselt dessen Hände hinter dem Kopf mit einem mitgebrachten (so Aussage von R) Klebeband. Dann hält er ihm wieder die Waffenattrappe vor, sagt, dass er den R wegpusten werde, und verlangt mehrfach, R solle ihm sagen, wo sein Geld versteckt sei. R beteuert (wahrheitsgemäß), dass er keins mehr zuhause hat. B durchsucht daraufhin noch erfolglos die Schränke in der Wohnung.

Dann bemerkt B ein Bild von Rs Freundin C an dem Kühlschrank. Er fordert den R auf, ihm sein Handy zu geben und ruft C an. Er sagt mehrfach zu ihr, dass er den R kalt machen werde, wenn sie nicht innerhalb von zwei Stunden 1000 EUR zur Wohnung des R bringt. C kann das Geld nicht auftreiben und ruft die Polizei.

Als die Polizei am Haus ankommt und zur Wohnung des R will, kommt ein Nachbar entgegen und sagt, dass jemand mit einer Knarre aus dem fenster des R gesprungen sei. Die Polizisten rennen zum Hinterhof und sehen dort den B. Er steigt in sein Auto ein und startet den Motor. Einer der Polizisten geht mit erhobenen Händen (warum auch immer) auf das Auto zu und ruft „Halt, stehen bleiben, Polizei!“. Der Polizist ist etwa 30 Meter entfernt als B losfährt, beschleunigt und direkt auf den Polizisten zusteuert. Dieser ruft wieder „Halt, stehen bleiben, Polizei!“. B lässt sich nicht beeindrucken, bremst nicht ab und rast auf den Polizisten zu. Dieser kann sich mit einem Sprung zur Seite retten, wird aber am linken Arm vom Außenspiegel getroffen und zur Seite geschleudert. Er erleidet eine schwere Gehirnerschütterung und eine starke Prellung am Arm.
In der Wohnung finden die Polizisten dann den an den Händen gefesselten R, der am Fenster steht.

Die Halterabfrage (einer der Polizisten und R haben sich das Kennzeichen gemerkt) ergibt den B als Halter. Daraufhin fahren zwei Polizisten zu dessen Wohnung in Düsseldorf. Dort steht draußen der PKW. An der Wohnung angekommen, entschießen sich die Polizisten, die Tür gewaltsam aufzubrechen, weil sie den bewaffneten B in der Wohnung vermuten. Als sie drin sind, ist keiner da. Sie finden aber auf dem Küchentisch die besagte Waffenattrappe, die sie beschlagnahmen (im Bearbeitervermerk stand, dass die Durchsuchung und die Beschlagnahme ordnungsgemäß protokolliert wurden, sonst nichts).

Ein Gutschten ergibt die Ungefährlichkeit der Waffe (s.o.), ein weiteres daktyloskopisches Gutachten ergibt, dass die Fingerabdrücke auf dem Klebeband und der Waffenattrappe von B stammen. Die Auswertung von Verbindungsdaten der Handys von R und C (sie waren einverstanden) ergibt, dass vom Handy des R um die besagte Zeit ein Anruf auf das Handy von C erfolgte.

Zwei Tage später wird B nachts am Düsseldorfer Hbf von der Polizei festgenommen. Ermittlungsrichter erlässt einen Haftbefehl und B wandert in U-Haft. Ihm wird ein Pflichtverteidiger beigeordnet.

Der Sachverhalt ergab sich aus den Aussagen von R, C und dem Nachbarn, sowie aus den Einsatzberichten der Polizisten. R konnte den B nur beschreiben (wilde blonde Mähne) und seinen Spitznamen (Löwe) nennen. Den Fahrer des flüchtigen PKW hat ein Polizist genauso beschrieben. B hat bei seiner Vernehmung zunächst nichts gesagt. Später meldete sich der Verteidiger. Er betreitet für B die Vorwürfe zu dem Geschehen in der Wohnung und davor. Das mit dem Polizisten tue ihm leid, er wollte ihn nicht verletzen, er sei davon ausgegangen, dass der Polizist rechtzeitig wegspringen würde, weil (was zutrifft) in dem Hinterhof genug Platz war. Die Beschlagnahme der Waffenattrappe war rechtswidrig, weil sie nicht von einem Richter angeordnet wurde, B wolle sie wieder. Die StA soll das Verfahren gem. § 170 II einstellen.

Wie gesagt, nach meiner Einschätzung inhaltlich faire Klausur, deren ordentliche Bearbeitung wegen des Umfangs aber mal wieder nicht möglich war. Wo man am besten spart, bleibt wohl jedem selbst überlassen…

S2-Klausur

Heute war in NRW – wie erwartet – eine Revisionsklausur, die aus meiner Sicht sehr gut machbar war (oder irgendwas drin hatte, was ich übersehen habe). Einige waren sogar früher fertig!

In dem Verteidigervermerk waren zu Beginn viele Daten zum Verfahren und Zustellung genannt, die man erstmal ordnen musste. Ich schildere den SV aber möglichst chronologisch. Bearbeitungszeitpunkt logischerweise 14.10.2014.

Der Mandant war beim LG Münster – große Strafkammer – angeklagt. Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss waren nach Bearbeitervermerk in Ordnung, Strafanträge alle gestellt und das Gericht örtlich und sachlich zuständig.
Am ersten Verhandlungstag (24.6.2014) wurde die Hauptverhandlung eröffnet (Zeugen waren nach Protokoll nicht vorbereitend geladen). Zu Beginn teilte der Vorsitzende mit, dass eine Schöffin kurzfristig ausgetauscht werden musste. Die eigentlich vorgesehene hat morgens mitgeteilt, dass sie ihr zweijähriges Kind versorgen muss, weil der Babysitter kurzfristig erkrakt und ihr Mann auf Geschäftsreise ist. Der Verteidiger rügt daraufhin die Besetzung und meint, dass die Auswechslung willkürlich sei, weil die Schöffin ja auch andere Lösungen hätte finden können. Er habe schon mehrfach gesehen, dass die Kinder mit ins Gericht genommen und für die Zeit der Verhandlung einem Wachtmeister übergeben wurden. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück und weist die Rüge zurück (Begründung nicht abgedruckt). Daraufhin wird der Mandant zur Person vernommen und die Sitzung unterbrochen, mit neuem Termin am 15.7.2014.
Am 14.7.2014 schickt der Verteidiger dem Gericht per Fax ein (zutreffendes) Attest des Mandanten mit dem Hinweis, dass er nicht an der Hauptverhandlung wird teilnehmen können. Zu dem Termin am 15.7.2014, an dem außer des Mandanten alle teilnahmen (Zeugen waren keine aufgeführt, ob geladen stand da nicht), stand im Protokoll, dass der Mandant ordnunsgemäß geladen war und es wurde das Attest verlesen. Danach wurde die Möglichkeit von §§ 230, 231 StPO erörtert, der Vorsitzende hielt sie aber nicht für einschlägig. Die Hauptverhandlung wurde wieder unterbrochen und Fortsetzungstermin auf 5.8.2014 bestimmt.
Am 5.8.2014 waren dann alle, auch die Zeugen, da und die Verhandlung ging weiter. Der Mandant wurde nicht erneut zur Person vernommen, sondern es ging nach der Belehrung der Zeugen und deren Entfernung gleich mit dem Anklagesatz weiter. Von dem Protokoll war sehr wenig abgedruckt, im Vermerk stand, dass es insoweit keine Fehler gab, insbesondere alle Zeugen richtig belehrt wurden (darunter Bruder des Mandanten). Am Ende fehlte dann der Hinweis, dass der Angeklagte das letzte Wort hatte. Hierzu stand im Verteidigervermerk, dass der Mandant sich daran erinnern kann, dass er das letzte Wort hatte. Der Mandant wollte aber wissen, ob es wegen des fehlenden Hinweises im Protokoll trotzdem gerügt werden kann. Hierzu war noch ein Vermerk des Vorsitzenden aus der Akte abgedruckt. Er hatte sich wie gewöhnlich Aufzeichnungen gemacht, um etwaige Fehler rechtzeitig berichtigen zu können. Nach seiner Erinnerung hatte der Angeklagte das letzte Wort. Er hat auch mit dem Verteidiger und dem Staatsanwalt telefoniert, die sich ebenfalls daran erinnerten. Dummerweise war sich die protokollführende Urkundsbeamtin aber nicht sicher: Sie konnte sich nicht daran erinnern, od der Angeklagte das letzte Wort hatte oder nicht. Eine Berichtigung des Protokolls unterblieb.

Am 9.8.2014 (Samstag) hat der Verteidiger einen Schriftsatz ans LG geschickt (in welcher Form stand da nicht), mit dem er Revision eingelegt hat. Am 12.8.2014 zeigte der Mandant dem Gericht an, dass er ab dem 13.8.2014 nach Luxemburg zieht mitsamt seiner dortigen Adresse. Am 13.8.2014 wurde dann auch das Mandat des Verteidigers einvernehmlich ausgelöst, was der Verteidiger am 14.8.2014 dem Gericht anzeigte. Am 19.8.2014 wurde die jetzige Verteidigerin mandatiert, was am selben Tag dem Gericht mitgeteilt wurde, jedoch ohne Vollmacht. Am 20.8.2014 war das Urteil bei der Geschäftsstelle. Am 21.8.2014 übermittelte die neue Verteidigerin dann dem Gericht ihre Vollmacht. Am 22.8.2014 wurde das Urteil mit Protokoll dem alten Verteidiger zugestellt. Er hat noch am selben Tag das Gericht auf die mitgeteilte Mandatsniederlegung hingewiesen. Daraufhin hat das Gericht versucht, das Urteil dem Mandanten in Luxemburg per Einschreiben mit Rückschein zuzustellen (nach Bearbeitervermerk völkerrechtlich möglich, vgl. § 183 ZPO). Das Gericht hat auch einen Rückschein bekommen, der auf den 25.8.2014 datierte, allerding nicht vom Mandanten unterschrieben war. Der Mandant sagte hierzu, dass er an dem Tag einen Benachrichtigungszettel in seinem Briefkasten gefunden, die in einer Postfiliale niedergelegte Sendung aber nicht abgeholt hat. Am 10.10.2014 wurde das Urteil dann der neuen Verteidigerin mit Protokoll zugestellt.

Am 14.10.2014 kam dann noch ein Beschluss des LG vom 13.10.2014, in dem die Urteilsgründe „wegen offensichtlicher Unrichtigkeit“ berichtigt wurden. Der Tenor des zugestellten Urteils hieß nämlich 1 Jahr und 10 Monate auf Bewährung, während es bei der Strafzumessung 1 Jahr und 9 Monate auf Bewährung hieß. Der Mandant meinte hierzu, es könne ja nicht sein, dass das Gericht hinterher sagt, dass das höhere richtig ist. Bei der Urteilsverkündung wurde der Mandant nach Protokoll zu 1 Jahr und 10 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Das Gericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt: Der Angeklagte hatte Streit mit seinem Bruder, mit dem er zusammen in einem Zweifamilienhaus wohnt, das beiden zur Hälfte gehört.
Um dem Bruder einen Denkzettel zu verpassen, ging der Mandant während dessen kurzer Abwesenheit in seine Wohnung. In einem Werk- und Hobbyraum von der Wohnung fand er dann eine Metallkiste mit Zeitschriften. Er holte aus seiner Wohnung Brennspiritus und zündete die Zeitschriften an. Dabei nahm er billigend in Kauf, dass ein in der Nähe stehender Schrank und eine Werkbank beschädigt werden könnten.
Der Bruder kam kurze Zeit später nach Hause und vernahm bereits von draußen einen Brandgeruch. Als er in seiner Wohnung ankam, versuchte er die brennenden Zeitschriften zu löschen. Der Mandant wollte ihn daran hindern und stieß ihn gegen den Türrahmen. Dadurch erlitt der Bruder eine schmerzhafte Verletzung am Arm. Anschließend konnte es das Feuer aber löschen. Im Ergebnis waren nur die Zeitschriften abgebrannt.
Der Bruder rief die Polizei. Als die Beamten am Haus eintrafen, um den Mandanten vorläufig festzunehmen und zur Wache zu bringen, saß der Mandant in seinem Auto. Einer der Polizisten griff durch das geöffnete Fenster rein und wollte den Schlüssel abziehen. Der Mandant wehrte diesen Versuch mit der Hand ab und fuhr LANGSAM an. Dabei nahm er billigend in Kauf, dass der Beamte durch den Rahmen verletzt werden könnte. Tatsächlich wurde der Beamte zwei Meter mitgeschleift, bevor er sich befreien konnte und zog sich eine Prellung am Arm zu. Der Mandant fuhr weg, stellte sich aber zwei Stunden später.

§§ 123 und 142 waren nicht zu prüfen. Das Gericht hat den Mandanten wegen des Geschehens in der Wohnung wegen §§ 306a I Nr. 1, 22, 23 I in TE mit §§ 223, 224 I Nr. 2 StGB und wegen des Geschehens vor dem Haus wegen § 315b I Nr. 3 in TE mit § 113 I, II Nr. 1 (u.U. stand da auch Var. 1, also Waffe und nicht gefährliches Werkzeug, ich kann mich aber nicht daran erinnern) in TE mit §§ 223, 224 I Nr. 1 StGB verurteilt.
Soweit die Strafzumessung abgedruckt war, stand da, dass das Gericht für die erste Tat Einzelstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten und für die zweite Tat Einzelstrafe für 1 Jahr und 2 Monaten für angemessen hält (bei den Monaten bin ich mir nicht ganz sicher). Gem. § 54 und unter erneuter Abwägung dann 1 Jahr und 9 Monate (zu der Abweichung der Gründe vom Tenor und vom Verkündeten vgl. oben).

Der Mandant hat sich noch beschwert, dass die Strafe viel zu hoch sei, es sei ja nichts passiert. Vorbestraft war er nach dem BZR nicht.

V1-Klausur

Der Klausurmarathon ging heute mit einer Urteilsklausur zum IFG NRW weiter. Die Klausur war mit einigen Erweiterungen einer Entscheidung des VG Düsseldorf aus dem Jahr 2012 nachgebildet (26 K 3489/11, gibt’s bei openjur).

Der Kläger ist Journalist und beim Aachener Stadtanzeiger beschäftigt. Im Zuge seiner Recherchen zu Finanzspekulationen von Kommunen ist er auf der Homepage der beklagten Stadt Aachen auf ein dort veröffentlichtes aktuelles Gutachten einer Rechtsanwaltskanzlei zu den Ansprüchen der Stadt gegen die beratende Bank und städtische Mitarbeiter im Zusammenhang mit 2003 getätigten Derivatgeschäften gestoßen. In diesem Gutachten wurde auf ein Gutachten des Rechtsamtes der Stadt zum selben Thema (Ansprüche gegen Bank und Mitarbeiter) aus dem Jahr 2009 Bezug genommen. Bei der Bezugnahme wurde ausgeführt, dass das alte Gutachten, das von der Geltendmachung von Ansprüchen abgeraten hat, richtig sei, die Rechtslage sich aber aufgrund der Rechtsprechung des BGH aus den letzten Jahren verändert habe und eine Klage nunmehr gute Chancen hätte.

Der Kläger schickt daraufhin dem Rechtsamt eine E-Mail von seinem geschäftlichen Account mit dem Antrag, ihm Einsicht in das Gutachten von 2009 zu gewähren. Am liebsten wäre ihm per E-Mail, sost auch gerne in hardcopy an seine private Adresse. In der Signaturzeile stand, dass er Redaktionsleiter des Aachener Anzeigers sei und dieser von einer „Soundso“ GmbH herausgegeben werde.
Nachdem er von der Stadt nichts gehört hat, spricht er beim Rechtsamt persönlich vor und verlangt Einsicht.

Daraufhin bekommt er an seine Privatanschrift ein Ablehungsschreiben des OB mit Rechtsbehelfsbelehrung. Begehrte Einsicht werde nicht gewährt, weil das Gutachten schon nicht zur Verwaltungstätigkeit iSd § 2 I IFG NRW gehöre, weil es an einer Außenwirkung iSd § 9 VwVfG fehlt.
Außerdem sei er nicht anspruchsberechtigt iSd § 4 I IFG NRW. Er handele nicht als „einfacher Bürger“, sondern als Redaktionsleiter und will die Einsicht letztlich für seinen Arbeitgeber, eine juristische Person, haben. Das sei rechtsmissbräuchlich, weil IFG NRW den Informationszugang nur natürlichen Personen gewährt.
Außerdem stehe dem Anspruch § 7 II a) IFG NRW entgegen, weil das Gutachten die Willensbildung im Rat der Stadt betreffe. Die Offenlegung würde die Entscheidung der Stadt angreifbar machen.

Der Kläger ist hiermit nicht einverstanden und erhebt unproblematisch fristgerecht Klage beim VG Aachen. Er meint, dass Gutachtenerstellung ureigenste Aufgabe des Rechtsamtes und damit Verwaltungstätigkeit sei. Er sei auch anspruchsberechtigt, weil es nicht darauf ankomme, dass er vom Vorhandensein des Gutachtens im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erfahren hat. Seine Beschäftigung bei einer juristischen Person sei egal, weil nach dem IFG NRW schließlich kein Grund für den begehrten Informationszugang erforderlich sei.
§ 7 II a) IFG NRW greife nicht, weil die Offenlegung keine Auswirkungen auf den Willensbildungsprozess haben würde. Das Gutachten sei Grundlage aber nicht Teil des Willensbildungsprozesses. Außerdem habe die Stadt ja das neue Gutachten veräffentlicht, das für die Entscheidung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vile wichtiger sei.

Die Stadt bringt in der Klageerwiderung noch einen Haufen Argumente vor. Die Klage sei schon nicht zulässig. Der Weg zu den Gerichten sei gar nicht eröffnet, weil der Kläger sich nicht an den Landesbeauftragten für Datenschutz (§§ 21 ff LDSG) gewandt hat, was er nach § 13 II IFG NRW müsse. Deswegen fehle ihm jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis. Außerdem sehe das IFG NRW entgegen § 9 IV 1 IFG Bund keine Verpflichtungsklage vor. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle aber auch noch deshalb, weil das veröffentlichte Gutachten dieselben Tatsachen schildere wie das Gutachten von 2009 und nur die Bewertung anders sei.
Natürlich sei die Klage auch nicht begründet. Der Kläger habe schon keinen ordnungsgemäßen Antrag gestellt. Zwar ginge das gem. § 5 I 2 IFG NRW aus in elektronischer Form, der Kläger habe seiner E-Mail entgegen § 126a BGB aber keine qualifizierte Signatur beigefügt.
Das Gutachten von 2009 enthalte neben Sachverhaltsdarstellung und rechtlicher Bewertung auch eine Handlungsempfehlung, weswegen es zum Prozess der Willensbildung gehöre. Es liege hier auch keine atypische Situation vor. Die Veröffentlichung des neuen Gutachtens sei nicht widersprüchlich, weil es ein externes und damit nicht Teil der Willensbildung der Stadt sei.
Außerdem steht dem Anspruch auch § 6 I b) IFG NRW entgegen. Der Rat werde in seiner Sitzung vom 3.11.14 mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klagerhebung gegen die Bank zustimmen. Die Offenlegung würde die Erfolgsaussichten in dem Zivilverfahren erheblich beeinträchtigen, weil die Bank sich die gegen ihre Haftung sprechenden Argumente aus dem Gutachten zu Eigen machen könnte. Dass Zivilverfahren in § 6 I b) IFG NRW nicht genannt sin, sei ein Redaktionsversehen, jedenfalls müsse die Klageerhebung durch die Stadt als Behördenmaßnahme eingeordnet werden können. Der Kläger hat hiergegen noch ausgeführt, dass nach den Gesetzgebungsmaterialien (Auszug war im Schriftsatz eingefügt) nur eine konkret bestehende Beeinträchtigung zum Anspruchsausschluss führen darf, die Stadt hierzu aber nichts vorgetragen habe.

Danach war in der Akte eine Verfügung des Gerichts, mit dem es weitere Fragen zu dem Gutachten stellte. Daraufhin und erst jetzt eröffnete die Stadt, dass es eigentlich zwei Gutachten aus dem Jahr 2009 gibt. Eins wegen Ansprüche gegen die Bank und eins wegen der Ansprüche gegen die städtischen Mitarbeiter, die damals mitgewirkt haben. Außerdem sind jedem Gutachten umfangreiche Unterlagen wie Verträge, interne Vermerke, Schriftwechsel mit der Bank usw. beigefügt. In dem Gutachten, das die Mitarbeiter betrifft, würden diese auch nametlich genannt. Eine Einwilligung in die Offenlegung haben sie sämtlich verweigert, weswegen § 9 I a) IFG eingreife. Außerdem stand in dieser ergänzenden Stellungnahme, dass Ansprüche gegen die Mitarbeiter auf der Grundlage des zweiten Gutachtens nicht mehr verfolgt würden.

In der mündlichen Verhandlung formuliert der Kläger seinen ursprünglich auf sinngemäß „Einsichtnahme in das Gutachten des Rechtsamtes zu Schadensersatzansprüchen gegen die beratende Bank und städtische Mitarbeiter“ gerichteten Antrag neu. Jetzt werden beide Gutachten mit Datum genannt. Anlagen will er nicht und er ist mit Schwärzungen der Mitarbeiter einverstanden. Zur Begründung meint er, dass ihn nur die Gutachten interessieren, mehr wollte er von Anfang an nicht. Dass die Mitarbeiter namentlich genannt werden, hätte es ja nicht wissen können.
Die Stadt meint, dass es sich um eine Klageänderung handeln würde und widerspricht dem. Erst habe der Kläger ein Gutachten gewollt, jetzt zwei. Der neue Antrag sei auch qualitativ ganz anders als der alte. Schwärzungen seien aber grds. geeignet, um die Mitarbeiter unerkannt zu lassen. Im Übrigen wird Klageabweisung beantragt.

Presserechtliche Ansprüche waren nicht zu prüfen. Für meinen Geschmack waren die Ausführungen der Stadt etwas zu umfangreich geraten, es wurde nicht immer klar, was ein neues Argument und was nur Paraphrase war. Ansonsten eine sehr faire Klausur, die – wie bei etwas „abseitigen“ Gesetzen regelmäßig – ohne jegliches Vorwissen zum mit Hilfe der Argumente aus dem Aktenauszug und etwas eigenen Gedanken gut gelöst werden konnte; mit Basiswissen zum IFG war es zeitlich sogar relativ entspannt.

V2-Klausur

So, mit etwas Abstand zum Examen berichte ich gerne auch noch über die V2 Klausur vom Oktober. Es war Baurecht aus Behördensicht (=Erstbescheid).

Die Baubehörde möchte gegen eine Jagdhütte des Bürgers (K) vorgehen, die in einem Wald auf dem Gemeindegebiet steht. Diese Hütte hat der Vater des K mit Baugenehmigung im Jahr 1966 gebaut. Das Grundstck gehörte ebenfalls dem Vater. Der Vater war begeisterter Jäger und auch der Jagdausübungsberechtigte für den Jagdbezirk, in dem die Hütte liegt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1994 nutzte er die Hütte auch als Jagdhütte. Die abgedruckte Baugenehmigung war sehr kurz. Dort stand nur, dass der Bau einer Jagdhütte genehmigt werde, wobei das Wort „Jagdhütte“ unterstrichen war.

Der K war Alleinerbe seines Vaters, jedoch ein ausgewiesener Gegner der Jagd. Folglich nutzte er die Hütte fortan auch nicht mehr als Jagdhütte, sondern zur Lagerung von Vogelfutter und Gerätschaften zur Waldpflege, derer er sich verschrieben hat. Dies teilte er auch dem damaligen Leiter der Baubehörde so mit. Danach passierte erstmal nichts. Der K nutzt die Hütte regelmäßig am Wochenende und auch unter der Woche nach Feierabend.

Anfang September 2014 teilt ein für die Jagdrechte zuständiger Mitarbeiter des Kreises der Baubehörde mit, dass bei einer routinemäßigen Überprüfung der Jagdbezirke aufgefallen sei, dass der K kein Jagdausübungsberechtigter ist und die Hütte auch sonst an keinen Jagdausübungsberechtigten vermietet. Daraufhin wurde K zuz beabsichtigten Abrissverfügung schriftlich angehört. Geantwortet hat ein Anwalt unter Beifügung einer Originalvollmacht.

Die Positionen stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Die Behörde meint, dass der Bestandsschutz der 1966 erteilten Genehmigung entfallen sei, weil K die Hütte seit 20 Jahren nicht mehr als Jagdhütte nutzt. Jedenfalls dürften von der Baugenehmigung analog § 77 I BauO NRW keine Wirkungen mehr ausgehen. Weiter ist sie der Auffassung, dass man auch den vollständigen Abriss verfügen könne und nicht nur die aktuelle Nutzung verbieten. Es wäre absurd, wenn die Hütte nicht abgerissen werden könnte, obwohl K sie unstreitig nicht mehr zu Jagdzwecken nutzen will und wird. Außerdem müsste man die Abrissverfügung auf eine Rückbauverpflichtung gem. § 35 V 2 BauGB stützen können. Eine solche Verpflichtung des Vaters des K finde sich zwar unstreitig nicht in den Akten, er muss sie aber abgegeben haben, weil er sonst die Genehmigung nicht bekommen hätte. Die aktuelle Nutzung sei schließlich auch wegen § 35 III Nr. 5 BauGB nicht genehmigungsfähig.

K meint, dass die Hütte, so wie sie da ist, genehmigt sei. Die Bezeichnung als Jagdhütte in der Baugenehmigung bedeute nicht, dass die Hütte nur zu diesem Zweck genutzt werden dürfe. Genehmigt worden sei der Gebäudetyp „Jagdhütte“. Selbst wenn es bei der aktuellen Nutzung um eine Nutzungsänderung handeln sollte, sei der Bestand als solcher genehmigt und die Behörde könne nur die Nutzung untersagen, nicht jedoch den Abriss verfügen.
Die aktuelle Nutzung sei jedoch ohnehin rechtmäßig, weil sie über 20 Jahre geduldet wurde. Hierzu behauptet der K, dass der Bauamtsleiter in dem Telefonat 1994 gesagt habe, dass er es begrüße, dass K kein Jäger ist und sich der Waldpflege widmen will. Er könne auch die Hütte weiternutzen, man werde dagegen nicht vorgehen. In dem abgedruckten Vermerk des Bauamtsleiters zum Telefonat stand nur, dass K angekündigt habe, die Jagdhütte zur Lagerung von Vogelfutter und Geräten für die Waldpflege nutzen zu wollen, und sonst nichts. Die Akte wurde dann zur weiteren Veranlassung an die zuständige Mitarbeiterin verfügt. Warum dann nichts mehr passiert ist, ließ sich nicht aufklären. Der Bauamtsleiter war schon tot und die damals zuständige Sachbearbeiterin konnte sich nur daran erinnern, dass der Bauamtsleiter illegale Bebauung/Nutzung generell nicht toleriert habe.
K meinte schließlich, dass er jedenfalls einen Anspruch auf Genehmigung der Nutzungsänderung gem. § 35 I Nr. 4 BauGB habe. Die aktuelle Nutzung sei privilegiert, weil er selbst in einer 30 km entfernten Stadt wohne und im Gemeindegebiet kein anderes Grundstück habe. Im sei nicht zumutbar, das Futter und die Geräte jedes Mal im Auto hinzubringen. Die Landschaft werde durch die aktuelle Nutzung der Hütte nicht beeinträchtigt, weil die Landschaft ohnehin durch die Hütte vorgeprägt sei.

In dem Auftragsvermerk wurde man gebeten, zu prüfen, ob gegen die Hütte vorgegangen werden kann. Primär sollte geprüft werden, ob eine vollständige Beseitigung verfügt und für deren schnelle Durchsetzung gesorgt werden kann. Es sollten alle Möglichkeiten geprüft werden. Sollte eine Beseitigung nicht verfügt oder schnell durchsetzbar gemacht werden können, sollte jedenfalls die Möglichkeit einer Nutzungsuntersagung geprüft werden. Im praktischen Teil sollte man einen Bescheidentwurf machen, wenn man irgendein Vorgehen gegen K für erfolgsversprechend hält. Nur wenn gar nichts gehen sollte, sollte man ein Schreiben an K entwerfen, in dem er darüber informiert wird, dass und warum gegen ihn nicht vorgegangen wird. Verweise auf konkreten Passagen des Gutachtens waren erlaubt.

Ich fand die Klausur inhaltlich ganz OK, man musste nur ein bisschen Zeit darauf verwenden, einen sinnvollen Aufbau für das Gutachten zu finden, um die jeweilige Argumentation einbauen zu können. Man musste jedenfalls den Standardaufbau für die Überprüfung einer bauordnungsrechtlichen Verfügung etwas abwandeln/anpassen. Von Zeitproblemen habe ich auch von anderen nicht gehört. Die Klausur zeigt aber, dass man für die V2-Klausur jedenfalls die Basics eines Erstbescheides beherrschen sollte (Form, Adressat, Aufbau).

Der Artikel wurde am 27. April 2014 von veröffentlicht. Michael ist ein ehemaliger Referendar aus NRW.