Wer hätte das gedacht: Es gab vor vielen vielen Jahren tatsächlich einmal die einstufige Juristenausbildung ohne Referendariat! Die Novelle zum deutschen Richtergesetz vom 10.09.1971 regelte in § 5b, der so genannten „Experimentierklausel“, dass den Landesgesetzgebern die Möglichkeit eröffnet wird, die Juristenausbildung einstufig zu gestalten. Unter Anderem machte Bremen davon Gebrauch.
Aber wie das Wort „Experimentierklausel“ schon sagt, war dieses Projekt darauf angelegt, für 10 Jahre die einstufige Ausbildung zu erproben. Es gab weite Gestaltungsräume für den Landesgesetzgeber, die einstufige Ausbildung zu gestalten, was Inhalte und Methoden anging. So wurden in Bremen interessanter Weise die Studiengänge Sozialwissenschaften, Ökonomie und Jura für die ersten Semester zusammengefasst, was sich dann „integriertes sozialwissenschaftliches Eingangsstudium“ nannte! In einem sehr interessanten Bericht bei spiegel online durfte ich dann auch noch lesen, dass man während dieser „Experimentierzeit“ nicht einmal das Abitur brauchte, um zum Jurastudium zugelassen zu werden, sondern es reichte eine dem Studium vorausgehende Prüfung für Nichtabiturienten. Ja, das alles scheint uns Juristen aus der „Jetzt-Zeit“ sehr komisch anzumuten.
Aber weiter geht´s mit dem Übergang zum Praxisteil der einstufigen Ausbildung: Ein erstes Staatsexamen gab es natürlich nicht, aber zumindest eine Art Zwischenprüfung. Dann ging es weiter mit dem Projektstudium, was wohl mit dem Referendariat vergleichbar ist. Nach Abschluss dessen folgte keineswegs ein Staatsexamen – nein, man schrieb eine Hausarbeit und verteidigte sie. Punkt. Das war´s. Ergebnis: Volljurist!
Leider wurde dieses Prozedere nach dem Experimentierzeitraum wieder abgeschafft…
Nachdem ich dies alles erfahren durfte, werde ich wohl vorläufig allen Volljuristen um die 55 anfangs kritisch lauschen! Mal sehen, ob ich erkenne, wer in Bremen studiert hat 😉 !