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  Ausgabe 13/2024
Freitag, der 29.03.2024
     

 / Hessen / Wahlstation

Arbeitsrechtliche Wahlstations-AG

von

Ich berichte heute über unsere AG, die begleitend zur Ausbildung in der Wahlstation am Arbeitsgericht Darmstadt stattfindet.

AG-Leiter ist ein Richter des Arbeitsgerichts, Teilnehmer sind die Examenskandidaten, die ihre Station bei Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, dem Arbeitsgericht oder einer arbeitsrechtlichen Kanzlei absolvieren.

Der Ablauf, von dem die Arbeitsrechts- AG geprägt ist, stellt sich wie folgt dar:

Die AG findet grundsätzlich fortlaufend einmal wöchentlich statt. Da in Hessen alle zwei Monate Referendare eingestellt werden und die Wahlstation drei Monate dauert, erblickt der AG Leiter alle zwei Monate neue Gesichter und sieht sich einen Monat lang einer vergleichsweise großen Teilnehmeranzahl gegenüber, bevor der Teilnehmerkreis anschließend kurzzeitig wieder etwas zusammen schrumpft. Zuhörer sind auch nach dem offiziellen Ende der Wahlstation weiterhin gern gesehene Mitstreiter, sofern sie bis zu ihrem tatsächlichen Termin der mündlichen Prüfung noch motiviert sind, die in diesem Rahmen gebotenen Übungsmöglichkeiten wahrzunehmen.

Die Referendare, die in der entsprechenden Sitzung mit der Darbietung eines Aktenvortrages an der Reihe sind, sollten eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn der AG eintreffen, um eine einstündige Vorbereitungszeit zu haben. Ein Stapel Aktenauszüge für die Vorträge liegt dann bereits im Raum bereit. Sobald die übrigen Teilnehmer eintreffen, sind auch diese gehalten, sich dem Aktenauszug zu widmen und diesen zu lösen. Wenn der AG-Leiter dann eintrifft, haben die zwei Kandidaten des Tages die Wahl zu entscheiden, wer noch etwas Bedenkzeit bekommt und zunächst auf dem Flur noch kurz Ruhe genießen kann, oder wer direkt das Feld zum Auftritt überlassen bekommt und so in den Genuss kommt, auch dem anderen Vortrag lauschen zu dürfen.

Im Anschluss wird der Aktenvortrag gemeinsam durchgesprochen, es werden Aufbauprobleme und Möglichkeiten thematisiert und eine umfassende rechtliche Lösung erarbeitet. Hierzu werden die Teilnehmer vom AG-Leiter dann sogar mit einer Art Skript versorgt, welches Gliederungs- und Aufbauideen bereithält und einschlägige Rechtsprechung wiedergibt. Dies bietet im Nachgang dann den Aufhänger zur vertiefenden Besprechung der arbeitsrechtlichen Hauptthematik des Falles, wobei hier das Themengebiet losgelöst vom konkreten Aktenauszug dann auch etwas umfassender angesprochen wird. Sämtliche aufdrängenden Fallgestaltungen oder Spezialprobleme werden gemeinsam besprochen und die AG Sitzung endet erst, sobald alle Fragezeichen ausgeräumt sind und jeder Teilnehmer zumindest den Eindruck macht, den Themenkomplex zu überblicken.

Der AG- Leiter erwartet, dass sich am Ende der Zusammenkunft zwei Freiwillige für die nächste Woche melden und jeder Einzelne die Möglichkeit der Simulation der mündlichen Prüfung wahrnimmt und gewährt bekommt.

Die Examenskandidaten erwarten, optimal auf den arbeitsrechtlichen Aktenvortrag in der mündlichen Examensprüfung vorbereitet zu werden.

Es wird deshalb empfohlen, die Übungsmöglichkeiten zum Halten von Aktenvorträgen sowie die AG Stunden im allgemeinen aktiv zu nutzen.

Diese Erwartungshaltung erweist sich als nützlich. Sowohl der Ablauf der Sitzungen, als auch die inhaltliche Ausgestaltung sind erfolgreich. Die Atmosphäre ist sehr kollegial. Während der Vorbereitungszeit herrscht äußerste Stille im Raum. Während des Vortrages sind die Zuhörer aufmerksam und erkennen am Ende der Ausführungen durch Klopfzeichen die Leistungen der Kollegen an.

Auch, wer bei den ersten Versuchen noch etwas unsicherer war, konnte schnell einen Übungseffekt feststellen. Der Aufbau sitzt bei jedem Versuch besser, die Standardsätze gehen wie von selbst von den Lippen und auch das Abfassen aller Teile des Tenors wird ebenfalls immer vollständiger und routinierter. 😉

Der AG-Leiter widmet sich in der Nachbesprechung zunächst immer sehr konzentriert dem Bearbeitervermerk und all den Informationen und Indizien, welche diesen entnommen werden können. So banal dies klingen mag, so erschreckend ist doch, dass eigentlich jedes mal ein Teil der Hinweise verkannt wird, aber der Effekt ist grandios – der gleiche Fehler taucht jedenfalls nicht nochmal auf! Materiellrechtlich sind die Aktenvorträge gut sortiert, bauen aufeinander auf und decken (wohl, zumindest nach Rückmeldung der bereits ausgeschiedenen Mitglieder) die gängigen Examensprobleme gut ab. Die ausgeteilten Begleit-Texte finde ich sehr hilfreich und auch gut geschrieben, sodass sie sich leicht lesen lassen und eingängig sind.

Ich für meinen Teil finde die Gestaltung der AG Stunden, sowie den AG Leiter von seiner persönlichen Art sehr angenehm. Er hat eine sehr sympathische, manchmal auch leicht flapsige Art, die die Stunden aber angenehm auflockert und dazu führt, dass die Dinge gut im Gedächtnis bleiben.

Abschließend ziehe ich deshalb folgendes Fazit:

1. Es wird festgestellt, dass diese arbeitsrechtliche Wahlstations-AG (jedenfalls für mich) sehr gewinnbringend ist und die aufgebrachte Zeit für die Sitzungen gut angelegt ist.

2. Den Examenskandidaten für den arbeitsrechtlichen Aktenvortrag wird empfohlen, die AG regelmäßig zu besuchen und sich so oft wie möglich für die Aktenvorträge zu melden.

3. Der aktive Arbeitseinsatz zahlt sich durch einen erhöhten persönlichen Lerneffekt aus.

4. Konstruktive Kritik ist immer gern gesehen und wird bestmöglich umgesetzt.

Der Artikel wurde am 12. Oktober 2014 von veröffentlicht. Melli war Referendarin in Hessen.