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  Ausgabe 13/2024
Freitag, der 29.03.2024
     

 / Hessen / Verwaltungsstation

Kreisverwaltung – Ausbildung bei der Behörde

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So, jetzt mal ein paar Worte zu meiner Einzelausbildung:
Damit es nicht zu einseitig wird, habe ich mir etwas gesucht, wo zumindest die Möglichkeit besteht, aus allen denkbaren Rechtsgebieten der Verwaltung eine Akte zu bekommen, weil dort alle städtischen Rechtsangelegenheiten bearbeitet werden. Die Behörde, bei der ich bin, dient ausschließlich der städtischen Verwaltung. Auch die verwaltungsrechtlichen Vorverfahren werden dort durchgeführt. Ansonsten werden die städtischen Gremien, also die einzelnen Dezernate, Ämter, Betriebe, Referate und Gesellschaften rechtlich beraten. Ihr ahnt es schon – richtig, ich bin beim Rechtsamt! 🙂

Weitere denkbare Aufgaben des Rechtsamtes sind die Prüfung von Vorlagen an Magistrat und Stadtverordnetenversammlung, die Bearbeitung von Angelegenheiten des Gemeindeverfassungsrechts, Erarbeitung und Beurteilung von örtlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, sowie Musterverträgen und Prozessregistern. Zu guter letzt dann auch noch die Führung von Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht anderen Ämtern zugewiesen sind. Soweit zum groben Überblick über das Aufgabenspektrum, wie es uns (mir und einer Referendarkollegin, die gemeinsam mit mir dort Station macht) beim ersten Treffen nach dem Einführungslehrgang dargeboten wurde. Außerdem wurden wir allen Kolleginnen (es arbeiten in der Abteilung nur Frauen) vorgestellt und darüber informiert, wer welche Rechtsgebiete bearbeitet, was so hauptsächlich alltäglich anfällt und wie der konkrete Ablauf in den nächsten Wochen für uns aussehen soll. Da unsere Verwaltungsstation genau in die Sommermonate fällt, wo urlaubsbedingt häufig Büros unbesetzt sind und etliche Umverteilungen erfolgen müssen, um dennoch die alltäglichen Eingänge zu bewältigen, wurde uns in Aussicht gestellt, dass wir jeder der Kolleginnen mal zur Hand gehen dürfen und niemandem dauerhaft und ausschließlich zugeteilt sind. Das ist auch insofern gut, weil wir dann wirklich in jedes Rechtsgebiet mal reinschnuppern können, da die Gebiete nach den Kompetenzen der Mitarbeiterinnen aufgeteilt sind.

Meine erste Akte stammte aus dem Bereich des Wohngeldrechts. Zum Warmwerden sollte ich mich zu Beginn der Station zunächst mit einem unbekannten Rechtsgebiet auseinandersetzen, bei dem kein konkretes Vorwissen erwartet wird. Die Akte durfte ich mit nach Hause nehmen und sollte dann prüfen, ob der Widerspruch der Antragstellerin gegen den ablehnenden Wohngeldbescheid rechtmäßig war. Im Zuge dessen habe ich mir erstmal die Wohngeldgesetze zu Gemüte geführt und ausgiebig studiert, um dem Rat meiner Ausbilderin zu folgen und nachzuprüfen, ob ich selbst nicht vielleicht auch Anspruch auf Wohngeld habe. Als Referendar gehört man zunächst grundsätzlich zum Kreis der Anspruchsberechtigten. Übrigens können nicht nur diejenigen Wohngeld bekommen, die in Mietwohnung wohnen, denn Wohngeld kann nicht nur als Mietzuschuss, sondern auch als Lastenzuschuss für Bewohner von Eigentumswohnraum gewährt werden. Die Höhe des Zuschusses ist abhängig von der Region und der zugehörigen Mietstufe, ansonsten von der Anzahl der Haushaltsmitglieder und der Höhe des Gesamteinkommens der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder. Fazit: Wer als Referendar neben der Unterhaltsbeihilfe nichts verdient und alleine wohnt, hat Anspruch auf Wohngeld. Allerdings ist der Zuschuss nicht sonderlich hoch, sodass es sich jedenfalls definitiv nicht lohnt, dafür den Partner vor die Tür zu setzen oder einen Nebenjob an den Nagel zu hängen… 😉 Also, direkt zum Auftakt was fürs Leben gelernt! 🙂
Meine nächste Akte stammte aus dem Baurecht. Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Gürteltier – ich hatte sichtlich Mühe, das Teil nach Hause zu schleppen. Was mich immer etwas irritiert – die Akten beim Rechtsamt sind rückwärts angelegt. Also das Neueste ist immer vorne drauf geheftet, sodass man von hinten anfangen muss zu lesen. Irgendwann werde ich es wohl verinnerlichen, aber momentan noch schlage ich immer den Papphefter auf und beginne drauf los zu lesen, um dann festzustellen, dass ständig Bezugnahmen erfolgen auf Dinge, die ich noch gar nicht weiß… um dann das Teil umzudrehen und von hinten beginnend, chronologisch zu lesen. Dazu sollte ich einen Klageentwurf verfassen.
Anschließend stand dann Gewerberecht auf der Tagesordnung… also, jede Woche etwas anderes und damit sehr abwechslungsreich! 😉

Mit der Wahl meiner Station bin ich jetzt doch ganz zufrieden, es bestätigen sich zwar die schon so oft bemühten Klischees zum Teil wirklich – denn getrost dem Motto, die Frist ist noch nicht abgelaufen und damit ist es doch egal, ob die Akte bei Ihnen oder bei mir oder beim Gericht auf dem Schreibtisch liegt… (offensichtlich lieber auf meinem, damit es aus dem Weg ist) wurden mir an sich fertig bearbeitete Akten auch nochmal mitgegeben, unter dem Vorwand, ich solle das und das Urteil lieber nochmal gründlich nachlesen….
In die Behörde muss ich, wie bereits gesagt, nur einmal die Woche. Da gebe ich meine Akte dann ab und bekomme eine neue, bespreche vielleicht nochmal etwas Tagesaktuelles und dann bin ich nach 1-2 Stunden meistens schon wieder draußen. Ein freies Büro für Referendare gibt es bei unserem Rechtsamt nicht, sodass es gängige Praxis ist, dass die Stationsreferendare die Sachen mit nach Hause nehmen. Ich muss aber gestehen, dass ich da keineswegs böse drum bin, denn auf meinem Balkon in der Sonne arbeitet es sich auch sehr gut! Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich bei der IHK oder beim Wirtschaftsverband täglich 9 Stunden im dunklen Büro sitzen müsste, habe ich die für mich bessere Wahl getroffen. Mal sehen, was die nächsten Wochen so bringen.

Der Artikel wurde am 15. August 2013 von veröffentlicht. Melli war Referendarin in Hessen.