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  Ausgabe 13/2024
Freitag, der 29.03.2024
     

 / Staatsexamen

Tipp für die mündliche Prüfung: „Kalträumung“

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Prüfer schauen sich zur Vorbereitung der mündlichen Prüfung gerne die einschlägigen Zeitschriften an, um aktuelle Urteile oder Aufsätze zu finden, die sich als Grundlage für die Prüfung eignen. Deshalb sollte man sich unbedingt mit dem folgenden Thema beschäftigen. Denn der Aufsatz von Dr. Lehmann-Richter aus der aktuellen NZM 2009, S. 177 ff. zum Thema „Räumung des Mieters im Wege der Selbstjustiz“ (sog. „Kalträumung“) eignet sich perfekt als Aufhänger für eine mündliche Prüfung!

Sachverhalt

Ausgangspunkt der Überlegungen ist der (in der Praxis immer häufiger vorkommende) Fall, dass ein Mieter über Monate hinweg zwar die Miete nicht bezahlt, sich aber dennoch weigert, die Wohnung zu räumen. Der Vermieter hat dann grundsätzlich nur die Möglichkeit, eine Räumungsklage anzustrengen und den Mieter im Wege eines Räumungsverfahrens aus der Wohnung zu bekommen. Der große Nachteil an diesem Vorgehen ist allerdings, dass sich das Räumungsverfahren nicht selten über ein halbes Jahr hinzieht und für den Vermieter weitere Mietausfälle entstehen.

Der Vermieter überlegt dann sicherlich, ob er nicht einfach bei passender Gelegenheit „in Selbstjustiz“ die Wohnung räumen und das Türschloss auswechseln kann, um den Mieter so vor die Tür zu setzen. Der Aufsatz beschäftigt sich damit, welche Konsequenzen (insbesondere in zivilrechtlicher Hinsicht) ein solches Vorgehen des Vermieters hat.

Exkurs: Strafrechtliche Bewertung der „Kalträumung“

In strafrechtlicher Hinsicht macht sich der Vermieter durch eine Räumung in Selbstjustiz wegen Nötigung nach § 240 StGB strafbar (vgl. OLG Köln NJW 1996, 472). Entscheidet sich der Vermieter dafür, die Wohnung selbst zu räumen, muss er dies auf jeden Fall berücksichtigen. Allerdings sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen man diese strafrechtlich Konsequenz durchaus in Kauf nehmen kann, wenn man dadurch die erheblichen Kosten (Mietausfälle, Sanierungskosten der Wohnung), die im schlimmsten Fall sogar zur Insolvenz des Vermieters führen können, vermeiden kann.

Zivilrechtliche Ansprüche des Mieters

Die interessantere Frage lautet aber, welche zivilrechtlichen Ansprüche dem Mieter gegen den Vermieter zustehen könnten. Lehmann-Richter kommt zu dem Ergebnis, dass der Mieter keine Ansprüche geltend machen kann. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde – hier im Überblick:

  • Ein Anspruch nach § 858 Abs. 1 BGB kommt dem Tatbestand zwar nach in Betracht. Dem Anspruch kann der Vermieter jedoch im Wege der petitorischen Widerklage entgegen halten, dass das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung beendet war und ihm daher ein Recht zum Besitz an der Wohnung zustehe. Die Klage des Mieters würde daher abgewiesen.
  • Auch Schadensersatzansprüche des Mieters gerichtet auf Herausgabe der Wohnung scheiden aus: Wegen der Kündigung war die Mietsache dem Mieter vermögensrechtlich nicht mehr zuzuordnen, so dass dem Mieter kein Schaden entstanden ist.
  • Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion) kommt nicht in Betracht, da der Mieter sich als unberechtigter Besitzer nicht auf diese Norm berufen darf.
  • Schließlich stehen dem Mieter auch keine Schadensersatzansprüche auf Ersatz der durch die Räumung verursachten Folgekosten zu. Vertragliche Ansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB scheiden aus. Wegen der Beendigung des Mietverhältnisses ist der Mieter unberechtigter Besitzer. Der Vermieter hat keine nachvertragliche Pflicht, den Mieter den Besitz an der Wohnung zu erhalten. Und im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB ist schließlich ebenfalls nur der berechtigte Besitz geschützt.

Diese hier kurz gefassten Ausführungen zeigen bereits, dass sich das Thema sehr gut dazu eignet, um ausgehend vom Mietrecht „einen Gang durchs BGB“ zu machen. Zudem ist der Fall im Hinblick auf die Möglichkeit der petitorischen Widerklage des Vermieters auch in prozessualer Hinsicht sehr interessant.

Es ist daher sinnvoll, sich den Aufsatz von Lehmann-Richter in der NZM durchzulesen und nachzuvollziehen, welche Ansprüche des Mieters im Falle der „Kalträumung“ grundsätzlich in Betracht kommen und warum sie im Ergebnis nicht zum Erfolg führen!

Der Artikel wurde am 9. April 2009 von veröffentlicht. Michael ist ein ehemaliger Referendar aus NRW.