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  Ausgabe 13/2024
Freitag, der 29.03.2024
     

 / Hessen / Staatsexamen

Mündliche Prüfung anschauen

von

Damit ich in etwa weiß, was mich am Tag der mündlichen Prüfung erwartet, habe ich mir im letzten Durchgang schon mal eine Prüfung angeschaut. Ich muss sagen – es war total anstrengend! Und das, obwohl (oder gerade?) weil ich nur als Zuschauer dabei war. Bis 9.45 Uhr mussten alle im Saal Platz genommen haben. Es folgte eine Belehrung, dass weder etwas mitgeschrieben, noch aufgenommen werden dürfe und schon das Anfassen von Handys strickt verboten sei und diese in Taschen zu verschwinden haben.

Erlaubt und zu empfehlen ist jedoch, einen Gesetzestext mitzunehmen, um dem Prüfungsgespräch folgen zu können. Wir (es waren einige Zuschauer da) mussten feststellen, dass nicht alle Prüfer sich auf Publikum eingestellt hatten und ihre ausgeteilten Fälle dann nicht nochmal wiedergaben (oder wieder geben ließen), sodass der Verlauf der Prüfung für uns nicht immer ganz nachvollziehbar war, wenn aber dann noch mit Paragraphenketten hantiert wird und der Wortlaut der Normen entscheidend ist, war es doch gut, kurz nachschauen zu können, um am Ball zu bleiben und nicht mangels erkennbarem rotem Faden einzuschlafen.

Die Prüfung war mit 5 Kandidaten voll besetzt. Es ging um 10 Uhr mit dem ersten Aktenvortrag los und endete um 11.30 nach dem letzten Vortrag. Interessant war es, dass wir trotz gleichen Aktenauszugs 5 völlig verschiedene Vorträge – sowohl von der Darbietung, als auch inhaltlich – präsentiert bekamen. Unabhängig von der inhaltlichen Lösung kann ich als persönliches Fazit mitnehmen, dass Übung sich extrem auszahlt. Nur zwei der Kandidaten erweckten den Eindruck souverän Herr(in) der Situation zu sein, trafen ziemlich gut ihr Zeitfenster und boten eine runde Präsentation dar. Eine Person war leider dermaßen nervös und verzettelte sich im wahrsten Sinne des Wortes mit den diversen Stichpunktblättern, dass nach 12 Minuten der leider bei weitem noch nicht abgeschlossene Vortrag abrupt beendet wurde, eine andere war so unsicher, dass trotz Aufzeichnungen, leider die Hälfte in der persönlichen Hektik unterging und bereits nach knappen 5 Minuten der Vortrag endete….

Sehr irritierend fand ich, dass die Prüfer nach dem Vortrag nichts sagten. Alle Kandidaten saßen nach dem letzten Satz erst noch etwas verunsichert auf dem Stuhl und suchten Blickkontakt, bis sie dann nach einem langen Moment der Stille ohne weitere Beachtung durch die Prüfer den Raum wieder verließen.

Es wurde eine Stunde Pause angekündigt. Weiter ging es dann von 13 Uhr bis kurz nach zwei mit Zivilrecht, dann wieder fast 45 Minuten Pause. Die Prüfer sagten immer z.B. „halten sie sich so gegen 14.30 bereit“, riefen dann aber doch erst um 14.45 wieder rein. Die Strafrechtsprüfung dauerte auch etwas länger als eine Stunde, wieder folgte fast eine dreiviertel Stunde Pause, in der die Prüfer die Noten besprachen und festlegten. Dann ziemlich genau eine Stunde Ö-Rechtsprüfung. Um 18 Uhr ungefähr wurden die Prüflinge zur Notenbekanntgabe in den Raum gerufen und um 18.30 Uhr konnten endlich die Sektkorken knallen! 😉

Inhaltlich ist alles möglich – die Prüfung, in der ich saß, hatte in allen Teilprüfungen eigentlich nur materiell-rechtliche Fragen zum Gegenstand, während bei der Prüfung im Nebenraum rein prozessuale Dinge abgefragt wurden, wie von den dortigen Kandidaten und Zuschauern berichtet wurde.

Insgesamt fand ich es super anstrengend und hätte vorher nicht gedacht, dass sich das alles so extrem hinzieht… das zehrt ja schon ganz schön an den Nerven… insofern bin ich froh, dass ich mir das mal angeschaut habe und jetzt nicht am Tag der Prüfung vom Zeitplan und Procedere kalt erwischt und überrascht werde….

Ich kann also allen nur empfehlen, sich vor der eigenen Prüfung mindestens einmal in eine andere Prüfung hinten rein zu setzen – die Termine werden auf der Homepage des JPA veröffentlicht. Falls ich euch mit diesem Bericht und der möglichen Länge dieses Prüfungsmarathons abgeschreckt haben sollte – es ist übrigens natürlich auch möglich (und nicht unüblich), sich nur die Aktenvorträge anzuhören oder einen Teil der Prüfungsgespräche zu verfolgen. Als Zuschauer hat man ja immerhin noch die Wahl, ob man sich die volle Dröhnung geben möchte oder das lieber auf verschiedene Termine aufteilt (oder sich manches ganz spart)… Da zwischen jedem Prüfungsteil eine längere Pause stattfinden, kann man dann jedenfalls schnell in den Raum reinhuschen oder eben wieder gehen… 😉

 

Der Artikel wurde am 26. Januar 2015 von veröffentlicht. Melli war Referendarin in Hessen.