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  Ausgabe 13/2024
Freitag, der 29.03.2024
     

 / Allgemein / NRW

Landesverband NRW: Wirtschaftliche Lage der Referendare soll verbessert werden

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Der Landesvorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen des SPD Landesverbandes NRW hat den folgenden Beschluss gefasst, der bei Umsetzung sicher ganz besonders die Referendare aus NRW freuen wir: Der SPD-Landesvorstand, die Fraktion, Gremien und Arbeitsgemeinschaften sowie die Landesregierung werden dazu aufgefordert, die folgende politische Forderung zu unterstützen.

  • Das Land NRW erhöht aus sozial-, familien- und berufspolitischen Gründen die Bezüge der Referendare, so dass sie ohne Bezug von Wohngeld leben und ein eigenes Berufs- und Familienleben planen können.
  • Das Land NRW beseitigt die Verschlechterung der sozialen und wirtschaftliche Lage der Referendare, indem es die nordrhein-westfälischen Referendare wieder in das Beamtenverhältnis auf Widerruf beruft.
  • Das Land NRW setzt sich außerdem dafür ein, dass der Bund und die anderen Bundesländer die soziale und wirtschaftliche Situation der Referendare ebenfalls wieder in einem vernünftigen Maße absichern werden.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass die erfolgten massiven Einschnitte in die besoldungs- und versorgungsrechtliche Situation der Referendare inzwischen zu einer nicht mehr hinnehmbaren Situation geführt haben.

„Effektiv und inflationsbereinigt liegt das heutige Brutto-Einkommen der Referendare bei weniger als 50 Prozent im Vergleich zum Brutto-Einkommen der Referendare in 1998. Das Einkommen eines durchschnittlich 29 Jahre alten ledigen Rechtsreferendars liegt heute bei monatlich ungefähr 1009 EUR brutto (bzw. 890 EUR netto). Im Jahr 1998 zahlte das Land NRW den Referendaren einen Anwärtergrundbetrag in Höhe von 1.124 EUR brutto bzw. 1.022 EUR netto zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie weiterer Leistungen. Das entspräche einem inflationsbereinigten Betrag in Höhe von 1.348 EUR brutto auf das Jahr 2010 berechnet, wobei das weggefallene Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht einberechnet sind. Inflationsbereinigt liegen die jährlichen Brutto-Bezüge der Rechtsreferendare heute um ca. 35 bis 40 Prozent niedriger als vor 13 Jahren. Das Land NRW leistet außerdem keinen Beitrag mehr zur Altersvorsorge der Rechtsreferendare. Die Altersvorsorge muss nun von den Rechtsreferendaren alleine geleistet werden. Das Land hat sich insoweit von seiner Verantwortung als Ausbilder von gar nicht mehr so jungen Erwachsenen entzogen.

Die Zahl der Rechtsreferendare in Nordrhein-Westfalen ist in den letzten 10 Jahren um ein Viertel gesunkenen und wird weiter sinken. Das Land spart alleine dadurch Ausbildungskosten im zweistelligen Millionenbereich ein. Nach der Ausbildungsstatistik des Bundesamts für Justiz vom 23. März 2011 waren am 01. Januar 2010 in NRW 4.689 Rechtsreferendare im Vorbereitungsdienst. 8 Jahre vorher waren es noch 5.808 Rechtsreferendare, also  24 Prozent mehr. Aufgrund des demographischen Wandels und der sinkenden Zahl von Studierenden der Rechtswissenschaft wird in den kommenden Jahren die Zahl der Rechtsreferendare weiter sinken…“

Als notwendige Folgerungen werden vorgebracht:

  • Das Land NRW erkennt daher das Recht der Rechtsreferendare auf ein angemessenes Entgelt an, das ihrer  Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft sowie ihrem Alter, ihrer Lebenssituation und den hoheitlichen Aufgaben entspricht, die sie im Rahmen ihrer Ausbildung bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden übernehmen.
  • Das Land NRW erkennt zukünftig bei der Festlegung der Bezüge an, dass Rechtsreferendare berufliche Ausgaben für Computer, Fachliteratur und eine dem Beruf angemessene Kleidung zu tragen haben, um ihre juristischen Pflichten in der Ausbildung zu erfüllen.
  • Das Land zahlt den Referendaren wieder Anwärterbezüge in der vollen Höhe, die für die Besoldungsgruppe des Richteramts maßgebend ist, sowie alle für Anwärter vorgesehenen Zuschläge und Beihilfen.
  • Das Land zahlt den Referendaren wieder neben dem sog. Anwärtergrundbetrag – in Abhängigkeit von den dienstlichen und persönlichen Voraussetzungen – jährliche Sonderzahlungen, insbesondere Weihnachtsgeld, sowie den Familienzuschlag und vermögenswirksame Leistungen. Das Land gewährt den Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren dieselben ausbildungs- und familienfördernden Beihilfen und Zuschläge, die es auch den Studienreferendarinnen und Studienreferendaren gewährt.
  • Das Land NRW sorgt wieder für eine angemessene beamtenrechtliche Altersvorsorge der Referendare und stellt sicher, dass die Referendare, die nach Ende des Referendariats nicht in das Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit übernommen werden, ihre Versorgungsanwartschaften im Wege der Nachversicherung in die gesetzliche Rentenversicherung einschließlich des Versorgungswerks der Rechtsanwälte übernehmen und auf diesem Wege ihre Altersvorsorge aufbauen können.
  • Das Land rechnet nicht mehr die Entgelte auf die gewährten Anwärterbezüge an, die Referendare aus – ohnehin vom Land nicht gewünschten – und daher nur zeitlich eingeschränkt genehmigungsfähigenNebentätigkeiten bzw. aus einer in den Ausbildungsrichtlinien vorgeschriebene Tätigkeit erzielen. Denn das vom Land gewährten Einkommen der Referendare bewegt sich in der Größenordnung von Arbeitslosengeld 2 („Hartz 4“).
  • Die durch das starke Absinken der Zahl der Rechtsreferendare eingesparten Personal- und Ausbildungskosten decken einen erheblichen Teil der Kosten, die aufzuwenden sind, um die wirtschaftliche Situation der Referendare wieder auf ein angemessenes Niveau anzuheben.
  • Die Ausbildung der Referendare in den vorgesehenen Stagen ist von hoher praktischer Relevanz und vermittelt wertvolle Erfahrungen und Kenntnisse, die für die spätere berufliche Tätigkeit als Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt oder als Jurist in Wirtschaft, Verwaltung und in Verbänden von hohem Nutzen sind. Zu Recht hält NRW an dem Ziel des befähigten Juristen mit Zugang zu all diesen Berufsfeldern fest. Das ist eine Infrastrukturmaßnahme, die in der heutigen Gesellschaft mit ihren keinesfalls geringer gewordenen Anforderungen zwingend geboten ist. Diese Ausbildungsabschnitte lassen sich auch – wegen der gebotenen fachlichen Voraussetzungen – nicht beliebig ins Studium vorziehen und dürfen auch nicht durch einem Kenntniserwerb „durch praktisches Tun“ am lebenden Patienten (= Rechtssuchenden, Mandanten) ersetzt werden. Allen Versuchen, durch eine Verschlechterung der Ausbildung die entstehenden Kosten zu refinanzieren, wird die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen daher entschlossen entgegentreten.

Die Forderungen und Begründungen des Landesvorstands der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen sind allesamt sehr nachvollziehbar und wenn sich in NRW tatsächlich etwas tut, werden sicher auch die anderen Bundesländer davon profitieren. Wir dürfen als gespannt sein…

Den vollständigen Beschluss zum Nachlesen findet ihr hier.

Der Artikel wurde am 10. August 2012 von veröffentlicht. Alice ist eine ehemalige Referendarin aus Mecklenburg-Vorpommern.